Den einen fehlt der Mond, den anderen das Kind
»Go!« heißt der Beitrag aus Frankreich, der zu den ganz großen Hits der »Starken Stücke 2016« zählen sollte. So jugendlich sein Aufbruch und Tempo verheißend der Titel aber auch klingt: Das Solo der aus Toulouse anreisenden jungen Russin Polina Borisova handelt von einer alten Frau, die in ihren Jugend-erinnerungen schwelgt. Vielleicht hat der eine oder die andere es sogar schon beim Puppenspielfestival »No Strings Attached« in den Mainzer Kammerspielen vor knapp einem Jahr gesehen.
Zu stimmungsvoller Musik macht Borisova als zittrige Greisin die Vergangenheit wieder lebendig, ohne dass dabei auch nur ein Wort gesprochen wird. Ein Klebestreifen und ein paar Alltagsgegenstände genügen ihr, um frühe Bilder ihres verflossenen Lebens zu formen, ihren Mann, ihre Katze, einen Liebhaber vielleicht. Manches von dem, was die alte Dame da wachruft, bleibt offen und unserer Phantasie überlassen, »Es ist ungemein rührend, poetisch und faszinierend«, weiß Nadja Blickle, die für das Festival verantwortliche Projektleiterin der KulturRegion FrankfurtRheinMain, und verrät, dass die Frage, für welches Alter es denn zu empfehlen sei, einige Diskussionen ausgelöst habe. In einem salomonischen Entscheid habe man deshalb eine neue Altersgruppe – »für jedes Alter – ab acht Jahren« – ausgeschrieben. Polina Borisova wird fünf Auftritte haben, darunter eine Abendvorstellung im Theaterhaus Frankfurt. (9. 3., 19 Uhr). Schülervorstellungen gibt es in der Stadthalle Eschborn, (2. 3., 10 Uhr), in E-Werk Bad Homburg (3.3., 11 Uhr), in der Alten Mühle Bad Vilbel (8.3., 11.45 Uhr) und im Theaterhaus (9.3., 11Uhr).
Es ist die 22. Ausgabe der Starken Stücke, die seit 2009 maßgeblich von der KulturRegion unterstützt werden. In diesem Jahr sind 16 Produktionen in 85 Vorstellungen an 31 Spielorten zwischen Aschaffenburg und Darmstadt zu sehen. Immer mehr Raum nehmen die Workshops für Schüler und Pädagogen rund um das Festival ein. Auch wenn die Zahl der Mitglieder der Kulturregion mit Kronberg, Obertshausen, St. Peter und dem Rückkehrer Hanau auf 23 gewachsen ist, hat es vor nicht allzu langer Zeit deutlich mehr Vorstellungen gegeben. Grund dafür seien die Sparmaßnahmen vieler Kommunen, denen vielerorts die Kulturausgaben zum Opfer fielen, bedauert Blickle. Statt zwei oder drei Aufführungen gebe so halt manchmal nur noch eine. Ein Blick auf das Programm verrät obendrein, dass aufwendigere Produktionen mit mehrköpfigen Ensembles kaum mehr vorkommen.
Eine solche Ausnahme tritt mit dem kanadischen Théâtre Qui Va Lá (Montreal) gleich vier Mal in der Jugend-Kultur-Kirche St. Peter sogar mit Life-Musik auf. »La Fugue«, die Flucht; handelt von einem 15 Jahre alte Jungen, der abhaut von zu Hause und dabei auf die schiefe Bahn gerät. Die Polizei schickt dem Vater eine Kiste mit Sachen von ihm zu, über deren Inhalt dieser die Motive seines Sohnes begreifen lernt. Erzählt wird die von Selbstfindung und Liebe handelnde Geschichte in einer fiktiven Sprache über Bewegungen und Choreografien, ohne dass die Gesichter der allesamt Hoodies tragenden Darsteller zu erkennen wären. Für Jugendliche ab 13 Jahren am 3. März um 10 + 13 Uhr, am 4. März um 10 + 19 Uhr.
Aus Kamerun kommt das clowneske Théâtre du Chocolat mit der Arm-Reich-Geschichte »Abole« zu neun Terminen nach Offenbach, Darmstadt und in Frankfurter Stadtteile (siehe Programm) für Kinder ab vier Jahren. Das Jerusalemer Train-Theater erzählt in Hanau, Eschborn, Offenbach und Kelkheim-Münster, wie den Bewohnern von Schelem, einer Art israelischem Schilda, der Mond abhanden kommt. Dazu passt die zauberhafte Produktion der Brüsseler Companie Sac a Dos, die für Kinder ab drei Jahren das mit Licht- und Schatten spielende Figurentheater »Mädchen auf dem Mond« (La Fille de la Lune) in Dreieich, Eschborn, Hofheim, Bad Homburg, Niederhöchstadt und im Gallus Theater gibt. Im Internet findet man nicht nur mehr Informationen, sondern auch die Preise und Links zu den Karten.