Letztes Jahr war es eine Verlegenheitslösung, der Erfolg aber umso rauschender – und letztlich war die Weichenstellung dafür, ein Kino mehr zu retten anstatt es zu schließen. Die KULT Kinobar in Bad Soden befand sich letzten Sommer im Corona-Lockdown, also entschloss sich der Verein KinoKultur, der 2012/13 schon einmal das Kino-Aus verhindert hatte, zusammen mit den Besitzern der Immobilie zu einem Schnelltest der besonderen Art: Warum nicht ein Open Air-Film im Innenhof des Kinoanwesens?
Veranstaltungstechnik und Beamer gab es im Lockdown-Sommer 2020 leicht zu organisieren. Gesagt, getan. Werbung für den Abend mit der argentinischen Gaunerkomödie »Neun Königinnen« von Fabián Bielinsky gab es nur als Mail an die Vereinsmitglieder. Innerhalb von zwei Stunden war die Vorstellung ausverkauft. Der Kino-Verein lud den Bürgermeister zur Open-Premiere ein. Auch er war begeistert. Denn schon am ersten Abend war klar: Bad Soden hat einen neuen Kultur-Ort: efeubewachsen, lauschig, mitten in der Kernstadt, hinter einem schmiedeeisernen Tor, hufeisenförmig von drei Gebäuden eingerahmt.
Eines davon das heutige Kino, das andere das ehemals erste und größte Filmtheater am Ort, schon seit den 1960ern geschlossen. Heute beherbergt dieses Gebäude-Ensemble vorne auf der Königsteiner Straße die Eisdiele Venezia, hinten im Hof den durchaus edlen Veranstaltungssaal »Anno 1928«. Und dazwischen, Corona-konform, 50 exklusive Tischplätze. Im Eintrittspreis enthalten: je ein Tapas-Teller. Ausgeschenkt wurde guter Wein, keine 3-Euro-Plörre.
Am zweiten Abend, gezeigt wurde die Musikdoku »Searching for Sugar Man«, trat der Vereinsvorstand vors Publikum und verkündete zum einen, dass es mit dem Open Air weitergehen werde, zum andern aber auch, dass die Preiskalkulation nicht zu halten sei und man von 10 auf 15 Euro erhöhen müsse. Beifall! Es gab sogar Standing Ovations.
Die Wertigkeit des Angebots blieb über alle Veranstaltungen auf hohem Niveau. Auch zwei Lesungen, eine mit dem Karikaturisten Klaus Puth (ja, auch die können lesen) und eine mit der deutsch-kurdischen Autorin Ronja Othmann, waren ausverkauft. Die vielleicht größte Wertschätzung für den Kino-Verein aber war, dass es den ganzen Sommer über nur eine einzige No-Show gab. Ansonsten wurden die wertvollen Karten alle rechtzeitig zurück- oder weitergegeben.
Krönender Abschluss für das »Sommerkino im Hof« war dann der Dokumentarfilm »weinweiblich«. Regisseur Christoph Koch und zwei der vier Winzerinnen aus dem Film waren anwesend. Es gab ihre Weine.
Jetzt im Sommer 2021 kommt das »Sommerkino im Hof« zurück. Dieses Mal nicht mit acht, sondern mit rund 30 Filmen. Die drei Vereinsmitglieder Javier Lozano, Irene Bräuninger und Alf Mayer haben das Kino inzwischen übernommen, es heißt jetzt ganz programmatisch »CasaBlanca Art House« – wir haben in der letzten Ausgabe darüber berichtet. Das »Sommerkino im Hof« ist das Feuerwerk, mit dem nun die neue Kinozeit in Bad Soden eingeleitet wird.
Eröffnet wird – natürlich – mit dem Michael Curtiz Klassiker »Casablanca«. Es folgen der Oscar-Preisträger »Der Rausch«, der Debütfilm »The Rider« von Oscar-Preisträgerin Chloé Zhao und der Dokumentarfilm »Pasta Imperiale« von Peter Heller darüber, wie die Pasta nach Deutschland kam. Eröffnet wird »soft« jetzt im Juni. Und am Mittwoch 30. Juni schaut Oscar-Preisträger Pepe Dankwart persönlich mit seinem Dokumentarfilm »Vor mir der Süden« vorbei. Auch das ist eine Ansage. Nicht wenige Filmverleiher tun das Ihre, das neue Kino zu unterstützen.
Eines gilt sicher schon jetzt: Wer eine Karte für das »Sommerkino im Hof« will, sollte es sich nicht allzu lange überlegen. Die Plätze im lauschigen Innenhof sind schnell ausgebucht.