Lachen über Sprachfehler
Vier Türen in einer grüngestreiften Bretterwand und ein samtenes Bett in puffigstem Rot: In der mehr als einhundert Jahre alten und erstaunlich freizügigen französischen Klipp-Klapp-Komödie »Floh im Ohr« (»La puce à l’oreille«) von Georges Feydeau spielen die Requisiten die tragenden Rollen. Es knallt und rumst in einem fort und mit wachsender Schlagzahl in dieser wahnwitzigen Inszenierung von Andreas Müller auf der Laienbühne des Frankfurter Kellertheaters.
Der französische Autor hat sich einen derart abstrusen Beziehungswirrwarr ausgedacht, dass schon die Stückeinführung ein gewagtes Unterfangen ist. Dennoch sei es versucht. Ausgelöst wird das Tohuwabohu von Madame Raymonde Chandebise (Friederike Ambos), deren Sorge über die nächtliche Zurückhaltung ihres Gatten Victor-Emanuelle (Wolf Marian Gerhardt) sich nach einer Postsendung zum konkreten Verdacht ausweitet. Als das Etablissement »Zur zärtlichen Miezekatze« ihm seine alten Hosenträger zuschickt, ist sie sicher: Mein Mann geht fremd. Statt zur Rede, stellt die Eifersüchtige ihm mit der fingierten Einladung ihrer Freundin (Christiane Klügel) zum Rendezvous eine In-flagranti-Falle. Rund 15 eher mehr als minder schräge Figuren der besseren, wie der schlechteren und schlichteren Kreise verfangen sich in immer wilder werdenden Jagd-, Versteck- und Verwechslungsszenen darin und lassen nicht nur das sich auf Knopfdruck drehende zweiseitig bespielbare Liebesbett rotieren.
Es ist erstaunlich, dass man in diesem auch choreografisch beachtlichen Schauspiel nicht den Überblick verliert. Und wie schnell sich der überdrehte Spaß auf der Bühne, den das ständige Hin und Her dem Ensemble bereitet, ins Publikum überträgt. Schon das bloße Erscheinen des rachedurstigen Mannes von Raymonds Freundin (Cedric Samson) löst lautes Gebrüll auf den Rängen aus. Anfangs zögerlich, am Ende ungebremst hemmungslos wird sogar über Artikulationsprobleme des unter einer Sprachstörung leidenden Neffen Camille (Adrian Grünewald) gelacht. Politcally völlig unkorrekt, aber nachhaltig doof und kein bisschen peinlich. Eine rundum stimmige Ensembleleistung, aus der man eigentlich niemanden herausheben möchte, gäbe es nicht Wolf Marian Gerhardt, der vor allem in der Doppelgänger-Doppelrolle des Hausmeisters Poche brilliert. Er ist der ruhende Pol dieses wilden Vergnügens, das mit kleinen Erzählbrüchen, während die Handlung einfriert, auch inszenatorisch noch ein paar Feinheiten zu bieten hat.