Frankfurter Positionen 2017: »Ich Reloaded« thematisiert die Digitalisierung

Lange Nacht des Denkens

Nichts weniger als neu muss es sein, was vor der Kulturstiftung der BHF-Bank bestehen will. Mit den »Frankfurter Positionen« hat das Geldhaus um die Millenniumswende noch vor der Erfindung des Terminus »proaktiv« ein Festival für neue Werke ins Leben gerufen, das unter Mitwirkung von knapp 20 hauptsächlich Frankfurter Institutionen auf das Schaffen der Kunst, aber auch der Wissenschaften zielt.
Neben den Kulturtempeln des Theaters, der Musik, des Tanzes und der performativen wie der bildenden Kunst sowie den Verlagen unterstützen auch Hochschulen und Uni-Institutionen das in seiner bereits neunten Ausgabe (27. Januar – 12. Februar) mit etwa 500.000 BHF-Euro grundausgestattete Biennale-Projekt, dessen gesamtes Finanzvolumen aber das Vierfache beträgt. Zum diesjährigen Leitthema ihrer Aufträge haben die Initiatoren unter dem Titel »Ich reloaded« die Digitalisierung des Lebens und deren Folge für die Individualität gemacht.
Auch wenn bei den mehr als 20 Veranstaltungen die darstellenden Künste dominieren, dürfte das Museum für Moderne Kunst der Mittelpunkt des Festivals werden. Dort wird nicht nur gezeigt, sondern auch musiziert und gedacht. Neben dem von Ensemble-Modern ummantelten Beiträgen zur  »Langen Nacht der Sozialforschung« am 4. Februar hat hier auch die Ausstellung »Corpsing« (ab 2. Februar) des britischen Videokünstlers Ed Atkins mit zwei raumgreifenden Arbeiten ihren Platz.
Eröffnet wird das Festival mit einer Performance des Multimedia- und Digital-Arts-Duos Chris Kondek & Christiane Kühl, dessen Arbeit »You Are Out There« darauf schaut, was – verkürzt formuliert – die vielen neuen virtuellen Ichs mit dem Subjekt machen, das sie geschaffen hat. (Mousonturm, 27.–29.Januar, jeweils 20 Uhr).
Performativ geht auch das Issho Ni Ensemble mit dem Ensemble Modern dem Rätsel nach, wieso das Konzert noch immer als die wahre Form der Musikpräsentation gesehen wird. »Haben Sie modern gesagt?« fragen die Künstler am 28. und 29. Januar bei freiem und jederzeit möglichen Eintritt zwischen 15 und 21 Uhr im Frankfurt Lab.
Vom Deutschen Theater Berlin, und dort bereits aufgeführt,  kommt Nuran David Calis selbst inszeniertes Stück »Kuffar, die Gottesleugner«, das rund um das Thema Migration drei  Lebenssituationen miteinander verknüpft: die eines jungen Muslim, der sich radikalisiert, die seiner ehedem ins Exil geflohenen linken türkischen Eltern und die am Bosporus kurz nach dem Militärputsch von 1980. Im Kammerspiel am 28. und 29. Januar um 20 Uhr. Die ersten Reaktionen sind alles andere als einhellig.
Unter der Regie von Stefanie Lorey und der Dramaturgin Fanti Baum nähern sich Schauspielschüler der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Frankfurt (HfMDK) szenisch der Leitthematik der Positionen. Jeweils um 19 Uhr am 28./29. Januar im Mousonturm.

Über weitere Angebote informieren das Februar-Strandgut und die Homepage: www.frankfurterpositionen.de
gt (Foto: © Milena  Wichert)

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