Zu den Gewinnern der Kinoschließungen gehört für mich vor allem der deutsch-französische Kultursender arte. Insbesondere dessen Spielfilmprogramm habe ich zu schätzen gelernt, auch wenn es natürlich viel schöner ist, die Filme im Kino zu sehen.
arte gibt jeden Monat ein Magazin heraus, in dem das TV-Programm vorgestellt wird. Im April heißt die Titelstory »Hey, Marilyn!«. Alice Schwarzer schreibt über Marilyn Monroe aus feministischer Sicht. Die Leser, die vorab an einer Umfrage teilgenommen haben, halten die Monroe zu 46 % »für ein Marketingprodukt made in Hollywood«, zu 27 % »für die Inkarnation von Weiblichkeit schlechthin«, zu 16 % »für eine der talentiertesten Schauspielerinnen ihrer Zeit« und 11 % »für die begehrenswerte Geliebte prominenter Zeitgenossen«.
Es stimmt ja von allem ein wenig. Dass die Arbeit mit ihr anstrengend war, weil sie Probleme mit ihren Texten hatte, ist von Billy Wilder überliefert, der zwei ihrer besten Filme inszeniert hat, die leider im April-Programm nicht zu sehen sind. Dafür läuft auf arte am Ostermontag um 20.15 Uhr »Niagara« (USA 1953) mit Joseph Cotten und Jean Peters an Marilyns Seite. Unter der Regie von Henry Hathaway, einem Experten für Western und Abenteuerfilme, sollte ihre unbestrittene Attraktivität mit jener der Niagarafälle konkurrieren.
Als ich Mike Leigh beim Filmfest Hof auf eine gewisse Geistesverwandtschaft mit Andrea Arnold ansprach, lehnte er milde ab. Ich bleibe aber dabei, dass ihr »Fish Tank« einen ähnlichen, unsentimental-empathischen Zugang zu den Figuren aus der englischen Unterschicht hat wie die Filme des Altmeisters. Am Mi., 7.4., um 20.15 Uhr, Wh. 12.4.) kann sich jeder selbst ein Bild davon machen.
Zu Michael Douglas’ weniger bekannten Rollen gehört die des verpeilten Literaturprofessors Grady Tripp, der mit seinem Buchprojekt nicht vorankommt und auch privat einige Probleme hat. Ausschnitte aus »Wonder Boys« (USA/D/GB/Japan 2000), dieser wunderbaren Tragikomödie von Curtis Hanson (mit Tobey Maguire und Frances McDormand), sollten in keiner Würdigung des Schauspielers fehlen (Mo., 12.4., um 20.15 Uhr, Wh. 16.4., 29.4.).
Wenn man Arthur Penn’s »Bonnie and Clyde« (USA 1967), ein Standardwerk des New American Cinema, nach Jahren wieder einmal sieht, ist man erstaunt, dass über weite Strecken nicht nur das Titel-Paar (Faye Dunaway und Warren Beatty), sondern auch ein zweites Paar (Gene Hackman und Estelle Parsons) die amerikanische Provinz unsicher machen. Letztgenannte geraten leicht in Vergessenheit, man kann sie aber am So., 18.4., um 20.15 Uhr einmal besonders in den Blick nehmen. Es lohnt sich.
Das Jahr 2000 war der Höhepunkt in Steven Soderberghs Regiekarriere. Da drehte er »Erin Brockovich mit Julia Roberts und Albert Finney sowie »Traffic« mit Michael Douglas, dessen Frau Catherine Zeta-Jones (beide heirateten im selben Jahr) und Benicio Del Toro. Für die zwei Filme gab es etliche Oscar-Nominierungen. »Traffic«, den Drogen-Thriller mit stlilisierter Kamera, kann man am Mi., 21.4., um 21.45 Uhr bewundern.
Wenn die Brüder Joel und Ethan Coen eine Hommage an den Film noir drehen, kommt so etwas heraus wie »Miller’s Crossing« (USA 1990). Eine rabenschwarze Krimikomödie, bei der einem manchmal das Lachen im Halse stecken bleibt. Aber es ist ja nur ein Film (am Mo., 26.4., um 22.15 Uhr)!
Die skandinavischen Krimis sind nicht jedermanns oder –fraus Sache, spielt doch bei ihnen die Gewalt oft eine beherrschende Rolle. Es geht aber auch anders: »The Guilty« (Den Skyldige, DK 2018) handelt wie üblich im Norden von einer Entführung. Mit dem Anruf in der Kopenhagener Notrufzentrale beginnt hier ein intelligent austarierter und sehr spannender Plot (Mi., 28.4., um 20.15 Uhr).
Claus Wecker (Foto: Wonder Boys, © arte)