Guido Reni der Göttliche – eine prachtvolle Schau im Städel

Für alle Ewigkeit hat ihn ein Blick berühmt gemacht – der Blick nach oben direkt hinein in den Himmel. Dass dem Schöpfer dieser entrückt-bewegten Bilderwelt, dem Barockmaler Guido Reni (1575–1642), das Attribut »göttlich« bereits zu Lebzeiten verliehen wurde, traf auf einen geeigneten Kandidaten: nicht nur, dass er göttlich malte, er malte auch das Göttliche.
Seine farbengesättigten Heiligenporträts, die ruhige Konzentration auf das Wesentliche, die melancholische Sehnsucht, die sich auf den Gesichtern spiegelt, die perfekte Modellierung der marmorgleichen Körper, die verhaltenen Schattenspiele auf den Roben, sie sind unvergleichlich schön. Und doch konnte »il divino« seinen Ruhm nicht bis ins Heute retten. Die Rezeptionsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts ließ ihn weit hinter seine Zeitgenossen Caravaggio und Peter Paul Rubens zurückfallen. Seine Kunst galt als Kitsch, die Porträts seiner Heiligen und der Christus mit der Dornenkrone landeten als Einlegebildchen in Bibeln und frommen Gebetbüchern. Zu Lebzeiten jedoch genoss er die höchste Anerkennung, Kirchenadel, Fürsten- und Königshäuser buhlten um ihn.
Seine Reputation nun wieder herzustellen, daran hat das Städel eifrig gearbeitet: mit 130 Werken von Guido Reni präsentiert es die umfangreichste Schau, die jemals gezeigt wurde – Gemälde, Skizzenblätter, Zeichnungen, Studien, darunter 15 Großformate. Lediglich 34 Werke weiterer Künstler, u.a. von Caravaggio und seinem Lehrer dem Spätmanieristen Denys Calvaert, wurden als Referenzpunkte ausgewählt. Mit seiner Wertschätzung befindet sich das Städel in bester Gesellschaft: die Ausstellung wird anschließend vom Museo del Prado in Madrid übernommen, und von dort kommen auch die wertvollsten Leihgaben.
Jenseits alles scheinbar frömmelnden Inhalts: Der Maler aus Bologna selbst war alles andere als aus einem Guss. Tief religiös, aber auch abergläubisch, der seine Honorare in Spielhöllen verzockte und trotz aller großartigen Verbindungen zum Adel und der Kirche schüchtern war, wie sein Biograf Carlo Cesare Malvasia für die Nachwelt wortreich festhielt. Das Göttliche fand Reni nicht nur in der Welt der Heiligen, sondern auch im bilderreichen Kosmos der Antike. Athene, Kleopatra, Maria, er malte sie in ihrer Hingebung alle gleich.
Und so führt – als Aushängeschild – der monumental prachtvolle »Samson« von 1611 in den ersten Ausstellungsparcours, der mit einer programmatischen »Himmelfahrt Mariens« von 1598/99 beginnt.
Programmatisch, weil es ein Lebensthema des Künstlers zeigt, ein Thema, das exemplarisch in seine Idee von der göttlichen Vision einführt. Der in paradiesische Welten gewendete Blick, der pyramidale Bildaufbau, die Scharen von Engeln als Untergrund gerieten zu einem derart populären Motiv, dass Reni es immer wieder malte. Hier ist es in vier Versionen zu sehen, die figurenreichste, größte stammt aus der Londoner National Gallery. Eine kleinere, dem Städel zum 200. Geburtstag geschenkte Version hängt links daneben an der Wand.
In zehn chronologisch aufgebauten Themenkapiteln vollzieht der Ausstellungsrundgang die Biografie Renis nach, knüpft Verbindungen zu den Schulen des Manierismus und der Hochrenaissance, zu anderen Malern (auch motivisch, z.B. Raffael und Dürer, interessanter Vergleich: der Kreuzigungsweg, als Zeichnung ausgeführt) und folgt der Ausformung seines eigenen eleganten und so prachtvollen Stils.
Reni bevorzugte eine strahlende, kontrastreiche Farbgebung, die er mit Bleiweiß aufhellte, so dass sie bis heute nichts von ihrer Leuchtkraft verloren haben, spielte mit dem »chiaroscuro« des Caravaggio. Studien und Skizzen verraten, wie profund er sich mit Anatomie, mit Haltungen und Positionen beschäftigte.
Die sphärische Verzückung weicht in den Werken, die abseits der sakralen Sujets der griechischen und auch der biblischen Mythologie gewidmet sind, einer deutlicheren, aber keineswegs intimeren sinnlichen Körperlichkeit und Drastik. Die Skulpturen des Manierismus standen hier Pate: der breit ausgeführte erzählerische, figurenreiche Kontext ist auf eine symbolhafte Begegnung reduziert (»Hippomenes und Atalante«, 1615–1618).
Eine Wiederentdeckung- in aller Pracht und Schönheit.

Susanne Asal / Foto: Bacchus und Ariadne, um 1614–16
© Foto: Los Angeles County Museum of Art, Los Angeles
bis 13. März: Di., Mi., Fr.–So., 10–18 Uhr; Do., 10–21 Uhr
www.staedelmuseum.de

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