Hoffmann erzählt in Darmstadt

Der Lebenslauf des in eine musikalische Familie eines Herrn Isaac Eberst aus Offenbach hineingeborenen Sohnes Jakob (* 1819 in Köln) könnte Stoff für eine seiner launigen Operetten sein. Aus der zehnköpfigen Kinderschar fielen mit ihrer besonderen musikalischen Begabung neben Jakob und Julius auch zwei Töchter, Isabella und Juda, auf, die schon früh miteinander musizierten. Für eine adäquate Ausbildung der Kinder war dem Vater der Wohnort Köln nicht gut genug. Das Konservatorium in Paris sollte es sein, das allerdings für Ausländer (und auch noch für deutsche Juden!) tabu war. Aus dem Namen Eberst wurde Offenbach (weil von dort gekommen), aus Julius wurde Jules – aus Jakob schließlich Jacques Offenbach. Mit genügender Chuzpe und Empfehlungsschreiben gelang es dem Vater, einen Studienplatz für Sohn Jacques im Fach Cello zu bekommen. Dieser brachte es rasch zu großen Fähigkeiten als Orchester-, Solo- und Kammermusiker und nahm Kompositionsunterricht beim berühmten Fromental Halévy. Mit ersten Einaktern für ein kleines Theater wurde Offenbach bekannt, schmiss das Studium hin – und mit »Ba-ta-clan«, einer zeitkritischen Parodie auf Militär und ein fiktives Kaiserreich machte er sich schlagartig bekannt. Von da an schrieb er wie am Fließband Operetten, die schon eher als »Opéra bouffe« zu bewerten sind (»Orpheus in der Unterwelt« etwa, »Die schöne Helena«, »Die Herzogin von Gerolstein« wurden in unserer Zeit durch Aufführungen von Nikolaus Harnoncourt besonders geadelt). Die Kompositionen Offenbachs zeichnen sich durch besonders effektvolle Arrangements aus und satirische, nahezu zeitlose Seitenhiebe auf die Gesellschaft und machen so jede Aufführung zu einem Vergnügen.
Am Staatstheater Darmstadt wird mit Spannung die Premiere von Offenbachs letzter Oper(!) aus dem Jahr 1877 erwartet, dessen Uraufführung er nicht mehr erleben konnte: »Les contes d´Hoffmann/Hoffmanns Erzählungen« nach drei Erzählungen des Romantikers E.T.A.Hoffmann. »Am Rande einer durchzechten Nacht entführt uns der Dichter Hoffmann in die Abenteuer seiner Vergangenheit – oder seiner Fantasie? Gemeinsam mit der Titelfigur durchleben wir drei ebenso unglückliche wie unheimliche Romanzen. Dabei verweben sich Magie, Erinnerung, Imagination und Rausch zu einem Wirbelsturm aus mitreißender Musik, düsterer Romantik und Kuriositätenkabinett. Operettengigant Jacques Offenbach und Librettist Jules Barbier verflechten gleich drei schwarzromantische Kurzgeschichten E.T.A. Hoffmanns miteinander und schaffen einen Meilenstein der französischen Oper« (Ankündigung Staatstheater). Es wird zu schwelgen sein in der »Barcarole«, zu schmunzeln im Lied vom »Klein Zack« – und sich von den Arien der geliebten Giulietta berauschen zu lassen. Mit dem jungen Regisseur Dirk Schmeding und GMD Daniel Cohen darf auf eine zeitgemäße Umsetzung gehofft werden.

Bernd Havenstein / Foto: © Nils Heck
Termine: 30.9. (Premiere), 13. und 27.10. (jeweils 19.30 Uhr),
Staatstheater Darmstadt
Karten: Tel 06151/ 28 11 600
www.staatstheater-darmstadt.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert