Im »New Yorker« wurde sie gefeiert. Zu Recht. Auch Oprah Winfrey, die schwarze Literaturpäpstin der USA, meinte begeistert, dass man dieses Buch nicht aus der Hand leben will. Und nicht aus dem Kopf bekommt. Die Kritik jubelte. Das Publikum kaufte und las. Das Buch wurde zum Bestseller. Tayari Jones, als Schwarze 1970 in Georgia geboren, weiß wovon sie spricht (und schreibt). Und was sie schreibt, ist ergreifend.
Der erste Roman von Tayari Jones, vor knapp zwanzig Jahren erschienen, hatte den beziehungsreichen Titel »Leaving Atlanta«. Sozusagen nichts wie weg. Ihr neues Buch, »In guten wie in schlechten Tagen«, beginnt mit dem Satz: »Es gibt zwei Arten von Menschen auf der Welt, die, die von zu Hause weggehen, und die, die es nicht tun.« Roy, ein Schwarzer aus dem Süden von Louisiana, ein attraktiver Draufgänger, verlässt sein Elternhaus sofort nach der High School, um an einem College in Atlanta zu studieren. Seine Eltern haben ihr Leben lang hart gearbeitet. Sie haben es zu einem bescheidenen Wohlstand gebracht.
Celestial, auch schwarz, eine durchaus »komplizierte Frau«, schwer zu berechnen, wurde in Atlanta als Tochter wohlhabender Eltern geboren.
Roy und Celestial begegnen sich schon in ihren ersten Studientagen. Aber erst vier Jahre später »funkt« es zwischen den beiden. Sie heiraten. Celestial, inzwischen eine erfolgreiche Künstlerin, näht, in der Art von Louise Bourgeois, Stoffpuppen. Roy ist als Vertreter erfolgreich. Sie lieben sich. Sie sind glücklich miteinander. Auch wenn es Roy auf seinen Reisen nicht so genau mit der Treue nimmt. Das Drama ihrer Beziehung beginnt an dem Tag, an dem sie Roys Eltern im Süden Georgias besuchen. Sie übernachten im Hotel. In dieser Nacht wird dort eine Frau vergewaltigt, die Roy als Täter beschuldigt. Der aber hatte die ganze Nacht mit Celestial in dem Hotelzimmer verbracht. Aber als junger Schwarzer hat er keine Chance gegen die Aussagen einer weißen Frau. Das ist die Gerechtigkeit im Süden der USA. Noch immer. Roy hat Glück, er wird nur zu zwölf Jahren Haft verurteilt.
Das Buch gliedert sich in drei etwa gleich große Teile. Die einzelnen Kapitel sind jeweils mit dem Namen der Protagonisten, also Roy, Celestial und, später dann, auch noch Andre überschrieben.
Zwei Jahre lang schreiben sich Celestial und Roy erschütternde Liebesbriefe. Doch Celestial spürt, wie das Leben an ihr vorbeigeht. Sie kann und will nicht länger warten. Sie schreibt ihm schließlich: »Ich kann so nicht weiterleben. Ich kann nicht länger deine Frau sein.«
Im zweiten Teil kommt zu ihren beiden Namen noch ein dritter dazu: Andre. Der kennt Celestial seit ihrer Geburt. Sie sind zusammen aufgewachsen wie »Cousin und Cousine«. Seine Liebe gehört, wie selbstverständlich, zu seinem Leben: »wie man die Zunge zum Sprechen rundet, wie man die Füße zum Gehen aufstellt«.
Die nächsten drei Jahre lebt Roy, im Gefängnis allein gelassen, in tiefer Verzweiflung. Celestial hat den Kontakt völlig eingestellt. Etwas Hoffnung allerdings bleibt, denn regelmäßig überweist sie ihm Geld. Sie hat sich auch nicht scheiden lassen.
Nach fünf Jahren wird Roy überraschend entlassen. Er erfährt, dass seine Frau und Andre verlobt sind. Im gemeinsamen Haus treffen die drei nun aufeinander. »Man konnte die Situation alles Mögliche nennen – tragisch, absurd, unwahrscheinlich und vielleicht sogar unmoralisch – aber bequem war sie nicht.« Zwischen Roy und Andre kommt es zu einer schweren Schlägerei. Fast hätte Roy in seiner Wut auch noch Celestial angegriffen: »es juckte mich, ihr all die Betroffenheit aus dem Gesicht zu hauen.«
Weiß oder schwarz. Frei oder eingesperrt. Gerechtigkeit oder Willkür. Die Gegensätze, die hier aufeinanderprallen, hat Tayari Jones in bildhaft kräftiger Sprache ergreifend beschrieben. Der Roman ist gespickt mit dramatischen, verrückten und absurden Einfällen. Und er kommt zu einem überraschenden Ende. Roy bringt es richtig auf die Formel: »Insgesamt habe ich ein gutes Leben, es ist nur eine andere Art von gut, als ich es erwartet habe.« Das stimmt.