Eine Muslima und eine Buddhistin helfen schwangeren Frauen im Westen Myanmars dabei, ihre Kinder zur Welt zu bringen. Von diesem Ausgangspunkt zieht der Film »Midwives – Hebammen« immer weitere Kreise, bis am Ende nicht nur die komplizierte Beziehung zwischen den beiden Protagonistinnen, sondern auch eine Menge über die Lebensbedingungen vieler Frauen in dem Land deutlich geworden ist.
Der Film räumt erst einmal mit dem im Westen gängigen Bild des friedfertigen Buddhismus auf. In einer Protestdemonstration ziehen Buddhisten, auch Mönche sind unter ihnen, zu einem vom Moslems bewohnten Dorf, um es niederzubrennen. Die muslimische Minderheit der Rohingya wird verfolgt, grundlegende Rechte werden ihr verweigert. Viele Menschen sind ins benachbarte Bangladesch geflohen.
Umso bemerkenswerter ist, dass die Buddhistin Hla ihre Krankenstation, die Klinik zu nennen eine Übertreibung wäre, mit der Muslima Nyo Nyo betreibt. Weit und breit sind sie die Einzigen, die schwangere oder kranke Frauen – eine an Typhus erkrankte wird für ein paar Tage betreut – medizinisch versorgen (ein verletzter Mann ist nicht zu sehen). Einerseits wird Hla übelgenommen, dass sie Rohingya-Frauen behandelt, andererseits darf ihre muslimische Assistentin keinesfalls Hand an eine buddhistische Bamar legen.
In dieser »diversen« Arztpraxis werden die Muslima bisweilen auch angeherrscht, für sie bleibt immer klar, wer das Sagen hat im Land. Und nicht zuletzt wird Nyo Nyo als Übersetzerin gebraucht, denn die Bevölkerung im Bundesstaat Rakhaing ist nicht nur durch Religionen, sondern auch durch Sprachen getrennt.
Nyo Nyos größter Wunsch ist es, in die Hauptstadt Ragun zu ziehen, um dort eine richtige medizinische Ausbildung zu bekommen. Doch zehn Monate später ist sie schwanger und so schlecht bei Kasse, dass sie eine kleine goldene Kette verkaufen muss.
Unterdessen spitzt sich die politische Lage im Land immer mehr zu. Im Februar 2011 putscht sich das Militär an die Macht. Die Friedensnobelpreisträgerin und zur Regierungschefin avancierte Aung San Suu Kyi wurde erneut unter Hausarrest gestellt. Auf protestierende, unbewaffnete Demonstranten wurde scharf geschossen, mit dem Ergebnis von über tausend Toten. Das Land, das ein Paradies sein könnte, kommt nicht zur Ruhe.
Die aus der Region stammende Filmemacherin Hnin Ei Hlaing hat über sechs Jahre lang an diesem Dokumentarfilm gearbeitet. Nicht nur ihre intime Kenntnis der Situation in dem Land, sondern auch ihre Fähigkeit, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen, kommt dem Film zugute. So öffnet sich Nyo Nyos alte Mutter vor der Kamera und sendet ihrer Tochter die Botschaft, dass Männer eine Belastung seien und eine Frau am besten gar nicht heiraten und ihre Gefühle an einen Mann verschwenden sollte. Wie zur Bestätigung dieser Worte macht auch der Vater von Nyo Nyos noch nicht geborenen Kindes eine ziemlich teilnahmslose Figur.
Ganz sicher ist es weiblicher Empathie zu verdanken, dass wir am Ende glauben, wir könnten die Menschen in einem fernen Land verstehen, von dem wir so wenig wissen. Das ist sicherlich übertrieben, aber ein wenig näher sind wir den klaglosen Frauen in Myanmars Bundesstaat Rakhaing eben doch gekommen.