Offenbach in Offenbach – Festival zu Ehren des Jubilars

Wenn die Stadt Offenbach anlässlich des 200. Geburtstages von Jacques Offenbach ein Festival auf die Beine stellt (Chapeau!), so müsste es eigentlich dessen Vater Isaac gewidmet sein, der dort Kantor der jüdischen Gemeinde war. Der große Sohn Jacques (1819–1880) wurde als siebtes von zehn Kindern erst einige Jahre nach der Umsiedlung der Familie von Isaac Juda Eberst nach Köln geboren. Eberst?
»1808 trat, wie überall im französischen Einflussbereich, ein Erlass Napoleons in Kraft, dass die Juden, die bislang meist einen Vornamen und einen erklärenden Beinamen trugen, aufgrund der besseren Unterscheidbarkeit einen herkömmlichen Familiennamen zu wählen hatten. Isaac, von dem man sagt, er sei ohnehin „der Offenbacher“ gerufen worden, nahm folgerichtig den Familiennamen »Offenbach« an« (Biograph Ralf-Olivier Schwarz).
Jacques Offenbach, musikalischer Freigeist, der, wie es oft unsinnigerweise heißt, »Erfinder der Operette«, hätte seine Freude an einem Festival mit Offenbach in Offenbach. Zumal hier versucht wird, der wirklichen Bedeutung des Komponisten in vielen Bereichen nahezukommen. Seine »Operetten«, die alles andere als gefällige Lustbarkeiten wie die aus Wien herüberschwappende Walzerseligkeit waren, kamen manchmal in geradezu spröder, sparsamer Instrumentierung daher und waren nicht selten satirische Seitenhiebe auf die umtriebige Pariser Gesellschaft und Auswüchse des Militarismus. Das seinerzeitige Vergnügungsetablissement Bataclan (2015 Ort eines unsäglichen Terroranschlags) wurde nach einer gleichnamigen Operette Offenbachs benannt. »Orpheus in der Unterwelt« mit seinem schmissigen Can-Can war und ist eine aberwitzige Übersetzung der griechischen Mythologie in die Halbwelt der Möchtegern-Intellektuellen; mit dem frivolen »Pariser Leben« feierte die Pariser Gesellschaft den Komponisten und sich selbst.
Irgendwie tragisch, dass Jacques Offenbachs umfangreiche anderen Kompositionen (er schrieb als Cellist, der er war, über hörenswerte 70 Werke für dieses Instrument), so ganz hinter seinen »Opere buffe« verschwunden sind. Umso ehrenwerter nun der Versuch, sich möglichst vieler Perspektiven des Jubilars anzunehmen.
Auch über den Vater Isaac als bedeutenden Lehrer und Komponisten wird zu erfahren sein. Einige Opern hat Einmanntheater Michael Quast in seit Jahren bewährt launiger Manier in Miniaturen verwandelt und gibt sie im Kontext des Festivals in Offenbach wieder zum Besten (»Hoffmanns Erzählungen«, »Orpheus in der Unterwelt«, »Pariser Leben«). Ein Orgelkonzert in der Lutherkirche zeigt Verbindungen zwischen Vater Isaac und Sohn Jacques. Ein Konzert mit zwei Celli präsentiert einige zauberhafte Preziosen aus der Feder des Meisters, ein Sinfoniekonzert, thematische Lesungen und Vorträge ergänzen das umfangreiche Festival.

Bernd Havenstein (Foto: Dr. Ralf Olivier Schwarz, Mervyn Bienek, Dr. Ralph Philipp Ziegler, Michael-Quast, © Amt für Kulturmanagement)
Detailprogramm für die 12 Veranstaltungen vom 20.9. bis 10.11.19 als download:
www.offenbach.de//kultur-und-tourismus/veranstaltungen/sonderveranstaltungen/jacques-offenbach-200.php#SP-grouplist-10-1:1
Einen Vorgeschmack auf das Musikfestival bekommt man bei Youtube.
Infos und Karten: Tel. 069-840004-170 und an der Abendkasse.

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