Tanzmainz mit »Promise« von Sharon Eyal im Mainzer Staatstheater

Ein tiefes Eintauchen in eine andere Welt, eine Faszination, die vorhält, und eine Spannung, die keinen ablenkenden Gedanken zulässt, – das wünscht sich wohl jeder im Theater. Die israelische Choreografin Sharon Eyal hat dafür eine ganz eigene, fesselnde Sprache gefunden. Mit dieser hypnotisiert sie ihr Publikum. Das war schon bei „Soul Chain“ so, mit dem das Ensemble von tanzmainz mittlerweile auf internationalen Bühnen reüssiert. Und das ist auch bei der mittlerweile dritten Zusammenarbeit der Bewegungsschöpferin mit der Kompagnie nicht anders.
»Promise«, so der Titel, dauert gerade mal 45 Minuten. Von diesen gilt es keine Sekunde zu missen. Denn die Masse der sieben Tänzerinnen und Tänzer, die wie in einem einzigen energetischen Rausch mal zusammenklumpt, mal auseinanderdriftet, ändert sich stetig und immer wieder überraschend. Mal schaut ein Kopf auf Hüfthöhe heraus, mal wächst ein Arm nach oben. Mehrere davon bilden Herzen, umfangen einen Einzelnen, schaffen Verbindung, ohne zu berühren.
Unter den einfachen, eng anliegenden himmelblauen Trikots und den gleichfarbigen Kniestrümpfen zeichnet sich die Arbeit der Muskeln ab. In wadenbeißendem Ballenstand (Halbspitze), typisch für Eyal, wird die meiste Zeit über wie in Trance marschiert. Ein Paar löst sich heraus, Cornelius Mickel und Matti Tauru geben einen beeindruckend zackigen und doch erotischen Mambo zum Besten. Die perfekte Synchronität, die die Mienen nicht außen vor lässt, prägt auch andere Momente, in denen die Performer sich voneinander entfernen und durch die entstehenden Linien doch zusammengeschweißt bleiben.
Emotionale Bezüge zur Corona-Pandemie, die die Entstehung des Stückes beeinflusste, drängen sich auf. Die Hände streicheln und liebkosen, aber nur den eigenen Körper. Symbol dafür, Teil eines großen Ganzen zu sein, voller Zuneigung an die anderen geschmiegt und doch einsam.
Ori Lichtik, kongenialer musikalischer Partner der kreativen Kraft, hat eine Collage unter anderem aus Techno- und aus Streicherklängen Béla Bartóks zusammengefügt, in der die Kompositionen genauso scheinbar mühe- und schwellenlos ineinander gleiten wie die Bewegungen. Der pulsierende Rhythmus treibt die Tänzer an, lässt ihre Körper ekstatisch beben, die Luft im Saal des Kleinen Hauses vibrieren. Gelbliche Lichter leuchten wie Glühwürmchen am schwarzen Bühnenhimmel.
»Rollin‘, Rollin‘, Rollin« kristallisiert sich aus dem Soundteppich heraus, Frankie Laines Titelsong der Westernserie »Rawhide«, dem die „Blues Brothers“ Anfang der 1980er-Jahre im Kino zu neuerlicher Berühmtheit verhalfen. Die Atmosphäre lockert sich unmerklich, wie bei einem rücksichtsvollen Erwecken aus einem intensiven Traum. Als der Vorhang sich senkt, ist das Publikum bereits hellwach und spendet zu Recht tosenden Applaus.

Katja Sturm (Foto: © Andreas Etter)

Termine: 5., 11. Januar 19.30 Uhr
www.staatsthesater-mainz.de

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