Da hilft nur noch Hypnose
»Trance – Gefährliche Erinnerung« von Danny Boyle
Danny Boyle, der Macher von »Slumdog Millionär«, probiert mit dem Hypnose-Thriller »Trance« wieder etwas Neues. Er serviert ein tolles Vexierspiel mit Sex & Crime rund um ein geraubtes Goya-Gemälde. Mit dabei ist Rosario Dawson als Hypnose-Therapeutin, die ihren Co-Stars James McAvoy und Vincent Cassel allerlei einflüstert. Schließen Sie die Augen …
»Flug der Hexen« ist der Titel eines rätselhaften Gemäldes von Francisco de Goya aus dem Jahre 1798. Es zeigt einen Menschen, der von drei Hexen in die Lüfte gehoben wird. Dieses abgründige Bild ist das Objekt der Begierde einer Gaunerbande. Doch der Raub während einer Kunstauktion in London geht schief. Auktionator Simon, mit den Gangstern unter einer Decke, bekommt während eines Handgemenges einen Schlag auf den Kopf und verliert sein Gedächtnis. Und damit auch die Erinnerung an das Versteck des Gemäldes. Nachdem Folter keine Ergebnisse zeitigt, sucht Bandenchef Franck aufs Geradewohl die Adresse von Hypnose-Therapeutin Elizabeth heraus. Sie soll Francks Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Simon gehört zu jenen 5 % der Bevölkerung, die auf hypnotische Suggestion besonders gut ansprechen. Und er hütet in seinem Unbewussten nicht nur das Versteck des Bildes.
Mehr soll von der Handlung von Danny Boyles Krimi nicht preisgegeben werden. Auch sollte man in diesem ausgefuchsten Vexierspiel stets Goyas unheimliches, vieldeutiges Gemälde vor Augen haben. Und dazu ein weiteres Goya-Werk, »Die nackte Maya«, das, Stichwort Schamhaar, womöglich eine noch größere Rolle spielt.
Boyle, das britische Wunderkind, das mit »Slumdog Millionär« acht Oscars erntete, probiert ständig etwas anderes aus. Ob Zombies in »28 Days Later«, WG-Killer in »Kleine Morde unter Freunden«, Aussteiger in »The Beach« oder Junkies in »Trainspotting«: stets überraschte er mit erfrischend neuen Perspektiven. Nun wendet sich der Draufgänger dem Thriller-Genre zu, und das Ergebnis ist abermals verblüffend. Vielleicht hat er eine Schraube zuviel gedreht, und höchstwahrscheinlich wird die Macht der Hypnose arg übertrieben. Egal, die Lust am Kintopp ist von der ersten knackigen Einstellung an spürbar. Dies ist kein verfilmtes Theater, sondern ein pulsierender Bilderstrom zwischen Realität und Visionen, ein durchstilisiertes, von hypnotischem Electro-Pop untermaltes Puzzle. Über allem schwebt der Geist des ›film noir‹, die Story hält einen einen bis zum Schluss in Bann.
James McAvoy (»Wanted«) als Kunstauktionator gibt einen Mann, der sich stets am Rande des Nervenzusammenbruchs befindet. Vincent Cassel agiert als smarter Bandenchef, der vielleicht nicht ganz so böse ist, wie es zunächst scheint. Das Highlight ist aber Rosario Dawson (»Grindhouse«). Als moderne ›femme fatale‹ ist Dawson, die bisher vor allem als niedliche Nebendarstellerin auftrat, eine ungewöhnliche Wahl. Doch als Hypnose-Therapeutin strahlt sie eine geradezu unverschämte Sinnlichkeit aus. Wenn Elizabeth mit sanfter Stimme ihre Patienten einlullt, beginnt die Leinwand zu knistern. Sex & Crime mit Prädikat sophisticated.