»Wir Eltern« von Eric Bergkraut und Ruth Schweikert

Wenn die Pubertät nicht enden will

 

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr, heißt es seit altersher. In »Wir Eltern«, dem neuen Film zum Thema »Erziehungsdefizite«, sagt es einer der beiden »erwachsenen« Söhne mit eigenen Worten. Alles entscheide sich ohnehin in den ersten vier Jahren, jetzt komme jeder Erziehungsversuch zu spät.

Was also tun, wenn einem der Nachwuchs im doppelten Wortsinn über den Kopf gewachsen ist? Davon handelt der Gottseidank nur halbdokumentarische Film von Eric Bergkraut und Ruth Schweikert, in dem sich die Bergkrauts als die Familie Kamber-Gruber (Achtung, Doppelname!) spielt. Allein Mutter Veronika ist durch die Schauspielerin Elisabeth Niederer ersetzt worden.

Familienvater Eric Bergkraut hat als Schauspieler und Dokumentarfilmer gearbeitet, seine Ehefrau Ruth Schweikert ist eine Schriftstellerin, die zu den treffsicheren Dialogen einiges beigetragen haben dürfte.

Die Idee zu ihrer ebenso bitteren wie lustigen Schweizer »Familienkomödie« besteht nun darin, das Hotel Mama (und Papa) unter den Bedingungen einer nicht enden wollenden Pubertät zu zeigen. Wenn dem Egoismus des Nachwuchses immer hilfloser werdende Eltern gegenüberstehen und ihre von elterlicher Fürsorge getragene Inkonsequenz, verbunden mit leeren Drohungen, erkannt und gnadenlos ausgenutzt wird.

Dazu kommt die aktuelle Abneigung, sich von den Eltern zu befreien und eine eigene Existenz aufzubauen. Ältere Jahrgänge fühlten sich halt von ihren Eltern stärker reglementiert und entwickelten einen Freiheitsdrang, der sie aus dem Elternhaus trieb. Nichts von dem trifft auf die Söhne Anton und Romeo Kamber-Gruber zu. Allein dem Nachzügler Benji, der das Geschehen kopfschüttelnd beobachtet, wäre eine entwicklungsgerechte Abnabelung zuzutrauen.

»Quick and dirty« sollte dieser von der Zürcher Filmstiftung für den 2018 ausgelobten Wettbewerb »Fast Track« geförderte Film sein. Er ist in zwei Wochen gedreht und in drei Monaten nachbearbeitet worden. In dieser an Godard erinnernden Rekordzeit ist ein intelligentes Werk mit spielfreudigen Protagonisten entstanden. Das turbulente Geschehen unterbrechen gelegentlich die Kommentare von Erziehungs- und Psychologie-Experten, die die Kluft zwischen Theorie und Praxis verdeutlichen.

Von dem klamaukigen Filmplakat sollte man sich nicht abschrecken lassen. »Wir Eltern« ist so etwas wie eine intelligente Horrorkomödie, die zu wohligem Schauder, Wiedererkennen und Schadenfreude einlädt.

Claus Wecker

 

WIR ELTERN
von Eric Bergkraut, Ruth Schweikert, CH 2019, 94 Min.
mit Elisabeth Niederer, Eric Bergkraut, Elia Bergkraut, Ruben Bergkraut, Orell Bergkraut, Beat Schlatter
Komödie / Start: 16.07.2020

 

Strandgut Verlosung

Zum Kinostart des Films verlosen wir 2 × 2 Freitickets für eine Vorstellung Ihrer Wahl, die nicht ausverkauft sein darf. Schreiben Sie uns eine Mail mit Ihrer Adresse und dem Kennwort »Wir Eltern« an verlosungen@s889337916.online.de. Einsendeschluss ist am Do., 16. Juli.

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