Zoo-Lichtspiele
Eines kann man dem Team um Gregor Schubert und Johanna Süß nicht vorwerfen: dass sie jedes Jahr phantasielos sein Programm abspulen. Für die aktuelle Ausgabe des sowohl regionalen wie auch internationalen Festivals sind die Organisatoren vom Mousonturm ins Zoo-Gesellschaftshaus gezogen und haben somit zum x-ten Mal die Spielstelle gewechselt.
Vor rund 100 Jahren habe im Zoo-Gesellschaftshaus die erste Frankfurter Kulturfilmbühne eröffnet, heißt es in der Pressemitteilung. Und vierzig Jahre später habe der langjährige Zoodirektor und Oscar®-prämierte Tierfilmer Bernhard Grzimek mit den Zoo-Lichtspielen diese Kino-Tradition fortgeführt. Die älteren Leser, ist zu ergänzen, können sich vielleicht noch an das Jugendkino erinnern, das in den 1960er-Jahren für ihre ersten Kinoerlebnisse sorgte.
Jetzt werden dort vom 3. bis 8. April erneut Filme gezeigt. Neben internationalen Werken zum Schwerpunktthema »Chaos«, Highlights des regionalen Filmschaffens und einer Reihe mit ausgewählten Glanzpunkten aus der deutschen Produktion, veranstaltet das Festival in den temporären Zoo-Lichtspielen den Kongress »Zukunft Deutscher Film«.
Auf zwei Filme sei hier besonders hingewiesen: In den US-amerikanischen Großstadtdschungel führt die schottische Regisseurin Lynne Ramsay, die 1999 mit »Ratcatcher« ein bemerkenswertes Langfilmdebüt vorgelegt hat. Joaquin Phoenix spielt in »A Beautiful Day«, so der »deutsche« Verleihtitel ihres neuen Meisterwerks »You Were Never Really Here«, einen traumatisierten Veteran, der sich auf das Auffinden von vermissten Mädchen spezialisiert hat. Er soll die entführte Tochter eines Politikers befreien, wird jedoch in korrupte Machenschaften verwickelt. Bei den Filmfestspielen in Cannes wurde Phoenix als Bester Darsteller und Frau Ramsay für das Beste Drehbuch ausgezeichnet.
Auf den neuen Film von Sergei Loznitsa (»Mein Glück«, »Im Nebel«) darf man gespannt sein. Der Spezialist für verstörende Filme hat sich Dostojewskis Erzählung »Die Sanfte« vorgenommen: internationaler Titel: »A Gentle Creature«.
In der Filmreihe »Regionaler Langfilm – Filme mit Hessen- und Rhein-Main-Bezug« ist Rosa von Praunheims Dokumentarfilm »Männerfreundschaften« über den leidenschaftlichen Briefwechsel zwischen den Dichtern der Weimarer Klassik angekündigt sowie David Sievekings Dokumentarfilm »Eingeimpft« als Hessenpremiere und der dokumentarische Filmessay »Die Tortur« von Dieter Reifarth als Deutschlandpremiere. »Citizen Animal – Eine kleine Familie reist zu den Tieren«, der Dokumentarfilm von Oliver Kyr, feiert seine Weltpremiere.
Erstmalig sind in diesem Jahr auch das Kino Harmonie und der filmklubb in Offenbach eingebunden. Weitere Festivalkinos sind das Mal Seh‘n Kino, das Deutsche Filmmuseum und die Naxoshalle, in der zum zweiten Mal der Wettbewerb Virtual Reality Storytelling stattfindet. Eine Attraktion wird dort ein Autoscooterkino sein. Die stellvertretende Festivaldirektorin Johanna Süß kündigt an: »Wir haben nach einer kreativen und außergewöhnlichen Festivalattraktion gesucht, die zeigt, wie viel Spaß man im chaotischen Durcheinander erleben kann. Man muss sich das ein Stück weit wie eine experimentelle Rauminstallation vorstellen.«