»Ben Is Back« von Peter Hedges

Wenn sie nicht jeden Sonntag in die Kirche gehen wollen, müssen sie wenigstens beim weihnachtlichen Krippenspiel mitwirken. So überredet Holly Burns ihre Kinder zu Beginn eines Films, der eine neue Variante einer biblischen Geschichte erzählt: die Geschichte vom verlorenen Sohn.

Der Amerikaner Peter Hedges, der die Drehbücher zu den bewegenden Familiendramen »Gilbert Grape« und »About a Boy« geschrieben hat, erzählt diesen Klassiker in einer ebenso modernen wie mitreißenden Fassung und wartet mit einer großartigen Besetzung auf.
Julia Roberts verkörpert in der Rolle der Holly Burns eine amerikanische Mommy, wie sie im Buche steht, und Lucas Hedges, der Sohn von Peter Hedges, der diesmal sein Skript auch selbst inszeniert hat, spielt ihren knapp zwanzigjährigen Sohn Ben, einen beklommenen Ex-Junkie. Seinem eindrucksvollen Auftritt in Kenneth Lonergans Meisterwerk »Manchester by the Sea« fügt er hier ein weiteres Bravourstück hinzu.
Ben platzt einen Tag vor Weihnachten in die Festvorbereitungen seiner Familie. Mutter Holly empfängt ihn nach kurzem Zögern mit offenen Armen, Schwester Ivy (Kathryn Newton) ist skeptisch und der afroamerikanische Stiefvater Neal (Courtney B. Vance) ablehnend. Ben verstoße gegen die Abmachung, in seiner Therapie zu bleiben,bemerkt er. Ben beteuert, dass er clean sei und sein Betreuer ihm den Familienbesuch genehmigt habe.
Nach einem negativen Drogenschnelltest macht die Mutter mit ihm aus, dass er bis zum Weihnachtstag bleiben darf, sie aber nicht von seiner Seite weicht. Selbst die Toilettentür muss offen bleiben. Es ist eine jener »Verabredungen«, die Kindern von den Eltern aufgezwungen werden und schon bei ihrer Entstehung das Scheitern in sich bergen.
Aus vielen Filmen – und hoffentlich nur aus ihnen – kennt man ja die Täuschungsmanöver, mit denen Drogensüchtige ihre Sucht zu verbergen versuchen. Und Julia Roberts legt einen Glanzauftritt hin, wenn sie die zweifelnde, wieder an das Gute in ihrem Sohn glaubende, die wütende, weil betrogene und wieder verzeihende Mutter gibt.
Sie wird schließlich um das Leben ihres Jungen kämpfen müssen. Denn Ben war nicht nur ein Junkie, sondern auch ein Dealer, der einige Abstürze seiner Freunde zu verantworten hat. Es gibt also noch genug offene Rechnungen in der Drogenszene.
So belässt es »Ben Is Back« nicht bei der Schilderung von dem speziellen Mutter-Sohn-Konflikt im bürgerlichen Milieu. Der Sog der Geschichte führt die Mittelstandsmutter, die mit den besten Absichten ihren Sohn beschützen will, mitten hinein in den Sumpf der kriminellen Dealer.
Wenn Holly und Ben den entführten Hund der Familie suchen, der im übrigen Ben einmal das Leben gerettet hat, wird dies, noch dazu in der Heiligen Nacht, eine Fahrt in die Hölle.
Die Polizei darf unter keinen Umständen eingeschaltet, weil Holly ihren Sohn nicht verraten will. Aber der macht es ihr schwer, bei diesem Vorsatz zu bleiben.
Ziemlich raffiniert rutscht der Film vom Familiendrama in einen spannenden Unterweltthriller. Verwundert registrieren wir, wie sich vertraute Menschen voneinander entfernen können. Sie sei mit seiner Mutter befreundet gewesen und habe damals seine Windeln gewechselt, ruft Holly einem Junkie zu. Da fällt es schwer, die Nerven zu behalten. Aber am Ende bleibt immer noch die Hoffnung.

Claus Wecker
BEN IS BACK
von Peter Hedges, USA 2018, 103 Min.
mit Julia Roberts, Lucas Hedges, Courtney B. Vance, Kathryn Newton
Drama
Start: 10.01.2019

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