Auch die Queen staunt
»Sophiechen und der Riese« lautet der deutsche Titel des Kinderbuchs von Roald Dahl, das Steven Spielberg nun mit Riesenaufwand und viel Gefühl verfilmt hat. Ganz groß dabei ist auch Mark Rylance als melancholischer Zausel, der Kinderträume braut.
Die Waise Sophie ist ein altkluges Kind und weiß, dass die Geister nicht um Mitternacht, sondern um drei Uhr kommen. Als sie wieder einmal nicht schlafen kann, sieht sie tatsächlich etwas Riesiges durch die Nacht tappen. Aus Angst vor Entdeckung kidnappt das Wesen das Mädchen und entführt es in seine vollgerümpelte Bude, irgendwo im Norden, weit weg. Nach anfänglichem Schreck freundet sich Sophie mit dem sanften Riesen an und tauft ihn BFG, Big Friendly Giant. Doch in der Welt der Riesen ist BFG der Underdog – und muss Sophie vor noch größeren, Menschen fressenden Unholden schützen. Grausam wie die Grimm’schen Märchen und kauzig wie die Monty Pythons, sind Roald Dahls absonderliche Kinderbücher eine Klasse für sich. Und sozusagen ein gefundenes Fressen für Spielberg, das ewige Spielkind, das in dieser Verfilmung in seinem Element ist. Da wären zunächst einmal die Menschen: das Drehbuch stammt wie beim Spielberg-Klassiker »E.T.« von Melissa Mathison. Der britische Theaterstar Mark Rylance, der zuletzt für die Rolle des Sowjetspions Rudolf Abel in Spielbergs Historiendrama »Bridge of Spies« einen Oscar bekam, verkörpert das zottelige Ungeheuer. Rylance’ Kunst kommt auch in Motion-Capture-Verfremdung zur Geltung; umgeben von Einmachgläsern und Krusch spielt er einen melancholischen Hagestolz. Im wahren Leben wäre BFG ein einsiedlerischer Schwarzbrenner, hier aber destilliert er schöne Kinderträume. Auch die fiesen Riesen, halb Rowdy, halb Neandertaler, basieren auf menschlichen Modellen. Doch besonders ästhetisch ist dieser Film mit seinen visuellen Effekten zwischen Mini und Maxi und seiner surreal verrückten Perspektive, die sich bis hin zum Buckingham-Palast samt Queen erstreckt, ein Genuss. Auch in der Ausstattung wird geklotzt und nicht gekleckert. Kleines Manko: die kindliche Heldin kann gegen die Megalomanie kaum anspielen. Ansonsten bleibt zu hoffen, dass in der deutschen Fassung die krause Sprache des Riesen, der fantasievoll Wörter verballhornt, bewahrt bleibt.