Caricatura Museum zeigt die Klaus Stuttmann-Werkschau »Statements«

Gehen zwei lebensmüde, deprimierte Karikaturisten spazieren und sinnen über die beste Art, sich umzubringen. Soll man vor den Zug oder vom Hochhaus springen, fragt sich der eine. Weiß der andere einen besseren Rat: Er zeichne »was zu Mohammed«.
So steht es in der Sprechblase der mit KS signierten Zeichnung. Schon das »was« liest sich großartig – ein »mit« statt »zu« wäre genialisch gewesen. Nun hat KS, der Karikaturist Klaus Stuttmann – 1949 in Frankfurt geboren, in Stuttgarter erzogen, seit 50 Jahren in Berlin lebend, seit 30 Jahren Karikaturist – meistens aber nicht allzu viel Zeit, für seinen tagespolitischen Bilderservice. Die Texte, lässt uns der gelernte Kunsthistoriker und autodidaktische Grafiker wissen, machten ihm jedenfalls mehr Arbeit als der Rest. Und dann sowas!
Rund 300 chronologisch gereihte »Statements« umfasst Stuttmanns erste Werkschau nun im Caricatura Museum, ein Rundgang durch gut 30 Jahren erlebte Zeitgeschichte. Den Anfang setzt – berufslaufbahnisch bedingt – die sogenannte Wiedervereinigung mit einem großformatigen Karl Marx, der sich unter einem Schirm gegen einen Bananensturmregen schützt. Naja, beworfen wurden mit Bananen und aus anderen Gründen freilich schon damals andere. Ins »Strandgut« gekommen, wäre Stuttmann mit diesem Entwurf damals wohl nicht. Dafür mit vielen anderen, die vertraute Themen mit überraschenden Perspektiven grell ins Licht setzen. Wie die schwesterliche Diskussion über die frauliche Gleichstellung unter verhüllten Muslimas beim Anblick einer beilschwingenden Scharfrichterin; wie die sich über mangelnde Schwimmkenntnisse gekenterter Bootsflüchtlinge mokierenden Kreuzfahrt-Touris, oder wie der Mann, der sich angesichts des drastisch gestiegenen Meerspiegels damit in Sicherheit wiegt, schwimmen zu können. Gerade noch Platz in die Ausstellung fand der Ukraine-Krieg. Der Einmarsch Russlands am Tag der Weiberfast-nacht unter Führung des mit bloßer Brust, Peng. Krach und »Helau, da bin ich!« auf einem Panzer platzierten Staatschefs wird zu Putins Antwort auf das närrische »Woll‘n wir ihn reinlassen?«.
Ein beeindruckendes Selbstporträt zeigt Stuttmann als zweifelnd Verzweifelten. Die düstere Radierung von 1990 zeigt das riesige Gesicht des Künstlers mit panisch hervorquellenden Augen und einer fliegengleich am oberen Bildrand auf seinen Schädel zusteuernden Winzrakete. Lassen wir es aus gegebenem Anlass mit einem Spaziergang zweier Menschen in einem dichten Wald aus hochragenden Raketen enden, den KS im Jahre 2016 mit dem Satz versieht: »Und du bist sicher, dass es die Umweltpolitik ist, mit der sich die Menschheit auslöscht?«.

Lorenz Gatt

Bis 3. Oktober: Mi.–So., 11–18 Uhr
www.caricatura-museum.de

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