Chuck Prophet im »Das Rind« in Rüsselsheim

Chuck Prophet ist irgendwie doch immer derselbe geblieben. Der böse Junge aus San Francisco, der mit der Zigarette in der hohlen Hand auf die Bühne steigt und den Mund spöttisch verzieht, der traurige Junge mit den verheulten Augen, der ärgerliche Junge, der von sich behauptet, die wichtigste Veränderung in seinem Leben sei der Wechsel der Zigarettenmarke. Der Junge, der sein ganzes Leben nichts anderes getan hat, als Gitarre zu spielen. Aufgepasst: Hier spielt einer Jungenmusik, Musik aus der Garage, Musik mit Wurzeln: Straßenköter-Rock.
Handgemacht klingt es und straßenstaubig, denn hier kommt Chuck Prophet – und der Junge hat eine Geschichte: Zum Psycho-Folk-Rock seiner alten Band Green On Red ist bei Chuck Prophet seit 1990 eine gute Portion Seelenschmerz gekommen. Er hat in den vergangenen Dekaden wirklich großartige Platten wie etwa »Age Of Miracles« aufgenommen.
Prophet ist ein Gitarrist aus der Neil Young-Schule, seine solistischen Einwürfe sind brockig und roh. Er ist kein großer Sänger, war es auch noch nie, näselt wie Dylan, zischt gerne unverständliche Ansagen in die Runde. Wenn Prophet zum Solo ansetzt, dann passiert etwas Besonderes: Zuerst pumpt er sich Luft in die Backen, verdreht die Augen und erst dann folgt die Musik seiner Physiognomie: Gerne spielt Prophet den Derwisch, den Gitarrenschamanen.
Doch auch das schmalzige Gitarrensehnen beherrscht Prophet immer noch wie wenige andere. Bei seinen zuckersüßen, souligen Popballaden lässt er einzelne Töne in der Luft stehen, schickt sie in den Raum, zieht sie hinein ins Ewige. Doch schon bald macht sich Prophet wieder selbständig und winselt Zeilen wie »I wish I was dead« und jammert wie ein alter, müder Hund. So macht er das nämlich gerne, Chuck Prophet, ewiger Straßenköter, der sich nun mit seinem neuen Album »The Land That Time Forgot« nach einer überstandenen Krebserkrankung zurückmeldet, das er unnachahmlich, typisch Prophet, als »just as much a 21-century exorcism as it is Americana« beschreibt.

mp
Do., 27.4., 20 Uhr, Das Rind, Mainstraße 11, 65428 Rüsselsheim am Main, 06142-81680
www.dasrind.de

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