Theaterperipherie bringt Benjamin Tientis »Salon Salami« auf die Titania-Bühne

Ein Friseursalon mit einem großen schwarzen Ledersessel und entsprechenden Accessoires ausgestattet, ursprünglich »Salon Salmani«, doch schnell verballhornt zum titelgebenden »Salon Salami« bestimmt die Bühnenmitte. Er könnte in Berlin Neukölln sein, im Frankfurter Gallus oder in einem beliebigen anderen migrantisch geprägten Viertel einer (west)deutschen Stadt: eben da, wo Kriminalität vermutet, Drogen gedealt werden und soziale Probleme den Alltag bestimmen – die Peripherie am Rande der »guten Gesellschaft«. Es leuchtet durchaus ein, dass sich Ute Bansemirs »theaterperipherie« mit einer leicht dramatisierten Form eines Romans von Benjamin Tienti befasst
Rechts und links sitzt das – gerne jugendliche – Publikum in seitlich aufgestellten Stuhlreihen. Mittig auf halber Höhe das Gestell einer kleinen Oberbühne, hell und weiß, ein mit Kissen ausstaffiertes kleines Zuhause vielleicht – und eine Projektionsfläche für Erinnerungen. Die zwölfjährige Hani (Büsra Demir) beginnt zu erzählen: wie sie mit einem Gemüsemesser versucht hat, eine Bank zu überfallen. Warum? Um ins Gefängnis zu kommen, wo sie ihre plötzlich verschwundene Mutter vermutet. Das klappt natürlich nicht. Jedenfalls nicht sofort. Stattdessen kommt – wegen fehlender Strafmündigkeit – das Jugendamt in Person der Sozialarbeiterin Mira (Deniz Altunbas). Der aber gelingt es, Kontakt zu Hani herzustellen und sie aus dem Polizeigewahrsam vorläufig mit zu sich nach Hause zu nehmen.
Im Gespräch der beiden und den gleichzeitig auf anderer, der erwähnten höheren Ebene wiedergegebenen Gedanken und Erinnerungen erfahren wir, wie sich die dramatische Lage in der Familie entwickelt hat. Welche Rolle spielte die Mutter in den undurchsichtigen Geschäften im Friseursalon zwischen dem eher schmächtigen Vater Zati (Deniz Özbay) und dem scheinbar sehr mächtigem Onkel Ibo (Danyal Soltanizadeh)? Wem gehört was? Und wer ist von wem abhängig? Nicht alle Nachbarn sind so verständnisvoll und hilfreich wie Herr Basim. Es gibt auch richtige Türkenhasser wie den Herrn Graf! Der Geburtstag des kleinen Bruders Moma wird gefeiert, aber wo kommt das Geld eigentlich her und was verbirgt sich hinter harmlosen Kinderzimmereinrichtungen? Keine Spoiler hier, nur so viel: Es gibt ein versöhnliches Ende. Dann ist Hani endlich drin …
Acht Darstellern, gendergerecht verteilt, gelingt es sehr überzeugend, alle 18 Personen auf der Bühne lebendig werden zu lassen, ohne – nach Brecht – in ein falsches Illusionstheater zu verfallen, also bewusst episches, erzählendes Theater in 24 wunderbaren Bildern, oben, unten, schließlich auch im Friseursessel, und nahe am Publikum. Allen Erwachsenen und Kindern ab zehn Jahren unbedingt zu empfehlen, einzeln oder als Klassengesellschaft …

Katrin Swoboda / Foto: © Theaterperipherie
Termine: 26. April, 19.30 Uhr; 27. April, 10 Uhr
www.theaterperipherie.de

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