Hänsel, Gretel und der Junge mit dem Koffer
Ein Prinz und ein Butler läuten die 20. Ausgabe des Kinder- und Jugendtheaterfestivals Starke Stücke ein. Die Gruppe »Teatrodistinto« aus Valenza bei Turin zeigt für Kinder ab vier Jahren ihr bereits preisgekröntes Stück »Das Wolfsspiel«, in dem zu fröhlicher Stummfilmmusik an einem langen, langen weißbespannten Tisch zwei seltsame Schauspieler und viele Puppen eine Geschichte erzählen, die längst nicht so gruselig ist, wie sie klingt, sondern ziemlich komisch.
Die poetische Theaterstunde wird Kindern nicht nur im Frankfurter Theaterhaus (18. März), sondern auch im Comoedienhaus in Hanau (21.) und im Moller-Haus in Darmstadt (23./24.) bereitet. Daraus ersieht man schon, dass die Starken Stücke in ihrem Jubiläumsjahr breiter denn je – und erstmals in Kelkheim – aufgestellt sind. Um hier kurz die Imponier-Zahlen loszuwerden: Sie umfassen 90 Aufführungen von 17 verschiedenen Stücken aus 10 Ländern, an 30 Spielstätten in 17 Städten des Rhein-Main-Gebiets: von Friedrichsdorf bis Darmstadt, von Ginsheim-Gustavsburg bis Hanau und Aschaffenburg.
Am wichtigsten ist den unter dem Dach der Kulturregion angesiedelten Veranstaltern freilich die hohe Qualität der internationalen Beiträge. Die dänische Gruppe »Teatret 38« aus Arhus gehöre zu den gefragtesten im Kinder- und Jugendtheaterbereich, weiß Wolfgang Barth, der diese mit ihrer weltberühmten Inszenierung des Grimm-Märchens »Hänsel und Gretel« für das Bürgerhaus Dreieich (21.), das Theaterhaus Frankfurt (22.) und das Stadttheater Aschaffenburg (23./24.) verpflichten konnte. Kleinkindertheater sei das nicht, weist Barth auf das empfohlene Alter von acht Jahren aufwärts.
Neben Teatrodistinto stammt auch die Compagnia Rodisio aus Italien, drei Gruppen jeweils kommen aus Deutschland und aus Holland, zwei aus Frankreich, je eine noch aus Österreich und Spanien. »Zum ersten Mal schauen wir aber auch über den europäischen Tellerrand« betont die Kulturregion-Sprecherin Nadja Blickle den von Mexiko, Indien und dem Iran beigesteuerten exotischen Touch des Jubiläumsfestivals. Mit Sicherheit zu den Highlights werde die Kooperation des Ranga Shankara Theaters aus Bangalore mit dem Mannheimer Schnawwl-Theater gehören, deren gemeinsames Stück »Der Junge mit dem Koffer« unter anderem im Gallus-Theater (21.) für Kinder ab zwölf Jahren gezeigt wird und zuletzt beim größten deutschen Jugendtheater-Festival in Berlin gefeiert wurde.
Insgesamt sprechen die Künstler zehn verschiedene Altersstufen an, wobei für die Jüngsten – ab zwei!!! – die sehr sinnlichen Stücke »Kleines, kleines Ding« vom Berliner Theater oN und »Sand« vom Dschungel Wien ausgewählt wurden. Im ersten geht es um die musikalischen Qualitäten von Steinen und im zweiten um eine Spielplatz-Begegnung von zwei Menschen mit einem Element, mit dem man, obwohl es einem zwischen den Fingern zerrinnt, massive Burgen bauen kann. Kinder ab 12 Jahren werden noch vom Utrechter Theater Arch8/Enit Kaiel mit »Snap« und vom Mahdi Fashidi Sebehr aus Teheran mit »Pur« bedient.
Dass die Jüngeren deutlich im Fokus stehen, führt Blickle darauf zurück, dass die Kultur in den weiterführenden Klassen zunehmend an Bedeutung verliert. Es werde immer schwieriger Jugendliche aber auch Schulen für Theater zu motivieren, bedauert sie.
Nicht zuletzt deshalb sind rund um die starken Bühnenstücke zirka 60 theaterpädagogische Workshops mit Schülern geplant. Überdies gibt es in diesem Jahr zwei Stücke-Projekte, die Schüler in Hofheim und in Eschborn jeweils mit Theaterprofis erarbeiten. Letzteres wird mit der Holländerin Judith Nab als »Die große Reise« entwickelt und sieht eine Welttour in einem mit Screens statt Fenstern präparierten Bus vor, der während des Festivals auch Kinder in Darmstadt und Frankfurt zur Mitreise lädt.