Während in Staats- und Stadttheatern längst Film- und Romanadaptionen dominieren, werden die Boulevardbühnen zunehmend mit Comedy-Stoff aus dem Fernsehen bespielt. So auch in Frankfurt, wo Die Komödie nach dem Erfolg von »Hausmeister Krause« im Frühjahr die neue Spielzeit mit den drei Episoden »Nicht das Sofa«, »Özgür« und »Geschmacksache« der NDR-Kultserie »Der Tatortreiniger« eröffnet – einer durch die Republik tourenden Bühnenfassung des TV-Hits.
»Der Tatortreiniger« hat es von 2011 bis 2018 auf sieben Staffeln mit insgesamt 31 Folgen gebracht. Schöpferin der skurrilen Figur ist die Dramatikerin Ingrid Lausund, von der in Frankfurt zuletzt die bitterböse Satire »Der Bandscheibenvorfall. Ein Abend über Leute mit Haltungsschäden« im Theater Landungsbrücken zu sehen war. Allerdings firmiert die Autorin hier unter dem aus Thomas Manns Roman »Königliche Hoheit« entlehnten Pseudonym Mizzi Meyer.
Der kritische Biss von Lausunds Theaterstücken zeigt sich auch in der verqueren Art des Protagonisten, der im Fernsehen großartig von Bjarne Mädel verkörpert wird: als eine mit den unterschiedlichsten Menschen und ihren Abgründen konfrontierte Reinigungskraft namens Heiko »Schotty« Schotte, die im weißen Plastiksuite und blauen Gummihandschuhen Blut und andere Spuren aus Mordtaten beseitigen soll, aber nicht wirklich dazu kommt. In bildungsferner Begriffsstutzigkeit lässt der schnoddrige Dampfplauderer Hamburger Provenienz kein gesellschaftliches Fettnäpfchen aus – und begründet so den Erfolg der schwarzhumorigen Serie.
In der Frankfurter Bühnenversion (Regie: Michael Schäfer) spielt Jan Schuba, den wir noch von den Jugendstücken des Theaters Skyline im Gallus Theater kennen, die Rolle des Schotty recht nah am Original und überzeugt dabei vollends. Kein noch so grober Ausrutscher, den man diesem sympathischen Inkorrekten zumindest als Zuschauer nicht verziehe, was freilich nicht zwingend für die Frauen gilt, mit denen er es von Fall zu Fall im stilistisch variierenden Bühnencarré von Tom Grashoff hat. Männer kommen in Frankfurt nur als Leichen vor.
Da ist die steinreiche 87-jährige Witwe (Petra Nadolny) mit Maserati im Hof, die dem Putzmann eine Bluttat aus Etikette gesteht. Sie habe den vermeintlich zu Tode gestolperten Einbrecher mit einem Golfschläger erschlagen – »Hole in One« –, weil er mutwillig ihr 160 Jahre altes grünes Sofa beschädigt hatte, auf dem sich nicht nur Johannes Brahms und Karajan, sondern auch die Frau des Gauleiters schon geräkelt hätten, gibt sie zu.
Dem Plot der Marke Ladykiller folgen zwei eher sensible Themen. Da bringen Schottys unverhohlene Ansichten eine Hochschwangere (Laura Vorgang) zum Schnappatmen, weil er nicht begreifen kann, wie man seinem – im Ablauf dramatisch (Blasensprung) nahenden – Kind ganz ohne Not, sprich: türkischen Vater, den Namen Özgür (auf Deutsch: Freiheit) geben kann. Ähnlich geht es der ihren Backfreuden erlegenen, übergewichtigen Frau (Vorgang) in der Wohnung ihrer niedergemetzelten Psychotherapeutin. Dass Letztere auch noch als Geist erscheint und Schotty mit ihren analytischen Einsichten drangsaliert, liest sich komplizierter, als es ist.
Mit seinen Bühnenpartnerinnen erobert Jan Schuba das Frankfurter Premierenpublikum im Handumdrehen und wird dafür mit fast frenetischem Schlussapplaus belohnt. Zum Erstaunen des Chronisten, dem die Özgür-Nummer zu durchsichtig, langatmig und wenig verständlich war, um restlos begeistert zu sein. Trotzdem möchte man wetten, dass die bereits tourende nächste Tatortreiniger-Folge bald auf dem Spielplan auch der Komödie erscheint.
Die Komödie: »Der Tatortreiniger« begeistert das Frankfurter Publikum
