»Die Regierung« im Zoom Frankfurt

Drei Gründungen, 1982, 1990 und 2006, hat die Band Die Regierung schon hinter sich – und zwei Auflösungen im Jahr 1985 und 1995. Von der 1982er-Formation ist nur noch Tilman Rossmy dabei, aber, keine Frage: Er ist in diesem Regierungskabinett der wichtigste Mann. Alles begann in den frühen Achtzigern in Essen, wo Rossmy seine Band formierte. Ein erstes Album erschien 1984, das er »Supermüll« nannte. Es erschien zu einer Zwischenzeit der deutschen Popmusik: Die Neue Deutsche Welle war längst zur Gaudi-Nummer mutiert – und die Hamburger Schule war noch nicht gegründet.
In diesem Moment entstand mit »Supermüll« ein Album, das nicht wenige heute zu den wichtigsten Werken deutschsprachiger Popmusik zählen. »Supermüll« kam 1984 aus dem Nichts – ein musikalischer Solitär, ein Stürmer und Dränger, der seinesgleichen sucht. Das Obskure an diesem Album ist auch, dass danach Schluss war: Die Regierung löste sich 1985 wieder auf, um dann, 1990, reformiert zu werden. Dann ging es weiter: »So allein« wurde von Punk-Pabst Alfred Hilsberg produziert, floppte zwar, aber die Band wollte mehr. Nun entstanden die großen Platten Rossmys. »So drauf« von 1992 und »Unten« von 1994. Und nun fand die musikalische Sprache von Die Regierung Genossen und Verbündete. Vor allem in der Stadt, die damals popmusikalisch leuchtete wie keine andere: Die Hamburger Schule kam mit Bands wie Cpt. Kirk &, Blumfeld, Die Sterne oder Kolossale Jugend zusammen. 1995 war aber erneut Schluss mit Die Regierung. Rossmy löste seine Band ein weiteres Mal auf, um dann als »Tilman Rossmy Quartett« aufzutreten.
Seit 2006 ist Die Regierung wieder live unterwegs, doch erst 2018 erschien mit »Raus« ein fünftes Album, das viele überzeugte: als Weiterführung eines Werkes aus einer neuen Perspektive. Aus der Perspektive eines Mannes, der inzwischen weit über 60 Jahre alt ist. Das Stück »Immer mehr so wie Du bist« stellte die Frage nach dem Älterwerden auf typische Rossmy-Art: »Sie sagt: Ich kenne Dich so lange, Du veränderst Dich nicht. Du wirst nur immer mehr so wie Du bist.«
»Raus« hatte aber auch viel von früher: das Schnoddrige, das Rumpelige, das Sperrige, Schwere, Leichte, Traurige und Lustige. Es war eine Platte, die daran erinnerte, dass Rossmy ein begnadeter Songwriter und Texter ist. Und offenbar hat er wieder so viel Lust auf Musik, dass nach »Raus« in kurzem Abstand immer neue Alben erscheinen. Zuerst kam »Was«, dann »Da« und Ende August wird »Nur« erscheinen, mit einer echten Hit-Single am Start: »Wenn die Liebe ruft«. Und so gehen die Songs von Die Regierung: Sie erzählen oft davon, wie es ist, etwas zu suchen und nicht zu finden. Rossmy – er sucht schon so lange nach dem Selbst. Das ist der Grund für diese erwachsene Popmusik, die sich erlaubt, mal in die Sphären des Rock zu linsen, Dub und Krautrock zu zitieren und von ganz tiefer, tiefer Liebe zu singen. Und so wie Rossmy singt niemand. Niemand nuschelt so schön in der deutschsprachigen Popmusik.
Rossmy stellt die großen Fragen des Lebens, nach Liebe und Glück, ganz ohne Pathos. Also, Leute! Das müsst Ich sehen! »Nur« die Regierung! »Nur« die Regierung weiß, wie es geht! »Nur« die Regierung kann uns helfen! »Nur« die Regierung kennt den Weg hier raus! Glaubt Ihr nicht? Stimmt aber! Im Zoom kann man sich jetzt mal wieder davon überzeugen.

Marc Peschke
Do., 21.9., 20 Uhr, Zoom, Carl-Benz-Straße 21, 60386 Frankfurt, 069/69713005,
www.zoomfrankfurt.com

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert