Das Schauspiel Frankfurt im Januar
Warten auf Thalheimer, das hat sich beim Schauspiel Frankfurt bisher noch in jedem Jahr gelohnt. Auf sein erfolgreiches Hörspiel- und Stehtheater mit »Ödipus/Antrigone«, »Maria Stuart« und »Medea« läßt der Regisseur in seiner Heimatstadt nun eine Romanadaption folgen: Falladas »Kleiner Mann, was nun?« (12.1.).
Für den Intendanten des Schauspiels, Oliver Reese, fällt Michael Thalheimer vielleicht schon die Aufgabe zu, die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Zumindest die ersten der Saison. Die ausgebuchten Super-Fäuste halten zwar die Auslastung traumhaft hoch, gelten aber dort, wo die Lorbeerkränze verteilt werden, als ungenügend. Auch dem hier (Strandgut 12/2012) so angeschmachteten »Käthchen« (Philip Preuß) gehört nur die Hälfte des Kritikerhimmels, der »Meister und Margarita« (Markus Bothe) schmoren gar im Vorhof deren Hölle. Wenn es schief geht mit Lämmchen, kann die Titelfrage freilich noch mit Andrea Breth und »John Gabriel Borkman« (Henrik Ibsen) beantwortet werden, erst im April, oder mit Tschechows »Möwe« von Andreas Kriegenburg im Mai.
Im Kammerspiel stehen »Swing Time« (6.1.) und »Der talentierte Mister Ripley« (19.1.) zur Premiere an. In ersterer (Regie Martina Droste) geht es um die jazzfanatische Jeunes Doree in Nazitagen, in letzterer wagt Bastian Kraft, der hier zuletzt mit Schnitzlers »Traumnovelle« überzeugte, wieder ein Identitätsspiel.
Jetzt aber zu den bekannten Größen. In Felicia Zellers »X-Freunde« (R: Bettina Brunier) und Moritz Rinkes »Wir lieben und wissen von nichts« (R: Oliver Reese) clashen mit hohem Lachreiz Life-Stylisten aufeinander. Vielleicht lohnt sich der Vergleich: Wer’s politisch schärfer mag, wird mit »X Freunde« (12., 13.1) besser bedient, das Yasmine-Reza-Polanski mäßige »Wir lieben …« (16., 17.1.) lockt dafür originell mit Echtpaaren und prominenter Besetzung: dem (überragenden) Marc Oliver Schulze und Constanze Becker. Vielleicht sollte man Schulzes Frau, Claude de Demo, zu Rate ziehen, die in beiden Stücken überzeugt, in »X-Freunde« sogar brilliert.
Ein Muß, schon des Spielorts wegen, ist »Der Hals der Giraffe« mit Heidi Ecks: unter Dinos im Senckenberg-Naturmuseum. Über den recht konstruiert daherkommenden Roman von Judith Schalansky läßt sich streiten, nicht aber über Ecks großartige Performance einer verhärmten Lehrerin Abbau Ost. Da es nur 60 Sitze gibt, ist das rote Ausverkauft-Signum obligat. Tip: einfach hingehen.
Mein zweites Muß gilt Hauptmanns »Einsame Menschen« (24.1.), es gehört zu den besten alten Stücken des Hauses und wird nun zum letzten Mal gespielt. Es ist auch wegen Sandra Gerling empfohlen, die das Ensemble im Sommer angeblich Richtung Stuttgart verlassen will und eine wunderbare Käthe Vockerath gibt. Auch in »Faustin-Faustout« (26./27.) erlebt man sie mit Bettina Hoppe groß in Form. Und vom 2. Februar an gibt sie die Karoline an der Seite von Kasimir. Fast ein Festival. Und ein Gerling-Skandal wenn sie ginge.