Brillanz und Brisanz im Original
Da hat English-Theatre-Chef Daniel Nicolai ein mehr als feines Händchen bewiesen. Das von dem New Yorker Autor Ayad Akhtar verfasste Stück »Disgrace« steht als Träger des Pulitzerpreises 2013 nicht nur für dramaturgische und erzählerische Brillanz, es ist unter dem Titel »Geächtet« auch das Stück der Stunde in Deutschland und wird in Hamburg, Dortmund, Berlin, München, Wiesbaden (s. Strandgut 2/2016) und Gott-weiß-noch-wo gespielt. Kein Wunder: In seinem Zentrum steht ein von jedem Glauben längst abgefallener wohlsituierter Rechtsanwalt mit Migrationshintergrund, der sich mit seiner Frau, einer Malerin, in liberalen Kultur- und Künstlerkreisen bewegt. Auf verquere, doch durchaus realistische Weise wird diesem Mann, der bei uns als die Personifikation gelungener Integration gelten würde, die ethnische Herkunft zum Verhängnis. Punktgenaue Dialoge um ein brisantes Thema stehen in diesem Stück an, das keiner Frage ausweicht. Und dies, nachdem es sehr unterschiedliche Reaktionen auf die deutsche Umsetzung (etwa in Hamburg) gegeben hat, im nicht nur am Broadway gefeierten Original.
Die Regie führt Adam Lenson, der in Frankfurt bereits die schräge Komödie »The Dead Guy« inszeniert hat. Wie in »Disgraced« wird es auch im nächsten Stück »Bad Jews« des English Theatre um Religion, Kultur und Identität gehen. Eine großartige audiovisuelle Message zum Thema der Stunde senden die Mitarbeiter des Hauses auf der Homepage www.english-theatre.de unter dem Titel »We are Family«.