Es muss was Wunderbares sein: Operette in Darmstadt

Nach den Opernschwergewichten »Elektra« von Richard Strauss und »Otello« von Verdi scheint sich das Staatstheater Darmstadt so etwas wie eine Verschnaufpause zu gönnen. Mit der Operette (die Autoren nennen es gar Singspiel) »Im Weißen Rössl« von Ralph Benatzky aus dem Jahr 1930 könnte eine Erneuerung dieses oft belächelten Genres einhergehen: denn gerade das vermeintlich Seichte luftig und leicht zu vermitteln, ist oft Schwerstarbeit. Das wusste schon der Alte-Musik-Spezialist Nikolaus Harnoncourt zu berichten, dem so etwas wie eine Renaissance der Jacques Offenbach-Operetten gelang. Regisseur Barry Kosky hat die Operette für sich und uns neu entdeckt und führt sie zu neuen Höhenflügen.
Nun inszeniert Philipp Moschitz das »Weiße Rössl« in Darmstadt. Das Werk entstand in einer grauen Zeit, der jetzigen nicht unähnlich: mit »Die ganze Welt ist himmelblau« wurde sie schön gesungen. Der Ort der Handlung ist ein Hotel am österreichischen Wolfgangsee, ein, wie es heißt, Sehnsuchtsort nicht nur für Habsburger, sondern in der Folge für viele Adebeis und Möchtegern-Prominenz. Wir erinnern uns: auch Helmut Kohl verbrachte alljährlich seinen Urlaub dort. Der schräge Schlingensief (Gott hab ihn selig) wollte gar sechs Millionen Arbeitslose einladen, die gemeinsam ins Wasser springen sollten, damit der Pegel um zwei Meter ansteigen und möglicherweise des Kanzlers Domizil überfluten möge … quasi eine Komödie der anderen Art, die so etwas wie die Fortsetzung der Operette ist, die sich im (heute noch existierenden) Etablissement »Im Weißen Rössl« abspielt. In der vermeintlichen Idylle kommen zusammen: ein Rechtsanwalt Dr. Siedler (die Wirtin steigt ihm nach), der mit Ottilie liebäugelt, der Tochter des Trikotagenfabrikanten Giesecke; der Sohn Sigismund von »Konkurrent« Sülzheimer (der Name ist Programm!) soll Ottilie heiraten, der aber wiederum mit dem reizenden Töchterlein (Klärchen) des armen Professors Hinzelmann anbandelt. Es wird gebuhlt und gestritten, was das Zeug hält – sogar der Kaiser als Besucher des Hauses mischt sich ein. Natürlich am Ende allseitiger Jubel … »Im Salzkammergut da kammer gut lustig sein … «. Der seinerzeit dem Herrn Goebbels zu viel wurde und er die »jüdische Kitschoperette« verbieten ließ.
Das der Aufführung im Staatstheater Darmstadt zugrunde liegende Sujet stützt sich auch auf musikalische Einlagen und Texte der Uraufführung von (u.a. Robert Stolz und Robert Gilbert) – spätestens bei »Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist« wird kein Auge trocken bleiben.
Wir sind sicher, dass Regisseur Philipp Moschitz, Ensemble, Ballett und Solisten des Staatstheaters unter der Leitung von Michael Nündel das »Lustspiel« zeitgemäß bunt auf die Bühne bringen.

Bernd Havenstein / Staatstheater Darmstadt, © Lottermann and Fuentes
Termine: 15. März (Premiere), 31.3., 5.4., 20.4. im Staatstheater Darmstadt
Kartentelefon:  06151/28 11 600 oder online: www.staatstheater-darmstadt.de

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