Über Liebe, Leben, Literaten und ihren Betrieb
Der Titel ist gut. Er signalisiert, was die Frau ausmacht: Selbstbewusstsein und Eigensinn, auch etwas von jener Einsamkeit, die man an Menschen ablesen kann, die inmitten der Menge stehen. Sie ist bissig, schreibt pointiert, scheut keinen Streit und steht ›ihren Mann‹. Die Erzählerin, die Publizistin, die Journalistin Eva Demski ist eine Frankfurter Institution. Jetzt legt sie ihre »Erinnerungen« vor. Und fängt gleich gut an.
Die Frankfurter Buchmesse hat einmal, 1949 in der Paulskirche, klein und bescheiden angefangen. Wie sie groß geworden ist, groß und größer, zu einem Weltereignis für die Branche, das hat Eva Demski, über fünfzig Jahre lang, regelrecht am eigenen Leib erlebt, als Besucherin, Berichterstatterin, Filmemacherin, Autorin. Dann, plötzlich, eine kleine Unsicherheit auf der (für sie) zu schnellem Laufband, lässt sie nicht nur ihr Alter spüren und die Distanz zu diesem Betrieb, sie sieht plötzlich die »Geister«, die alten Größen des Betriebs, Marcel Reich-Ranicki, Jean Amery, Sarah Kirsch. Menschen, die ihr wichtig waren.
Fast chronologisch, unterteilt in acht Kapitel, beschreibt sie ihr Leben.
Sie war 1944 weiß Gott kein Wunschkind. Die Mutter erst zwanzig, und als der Vater aus der Kriegsgefangenschaft kam, wäre er bald »aus der Familiengefangenschaft ganz gern wieder zurück in die andere gegangen.« Die Mutter zog sich am liebsten mit Büchern zurück. Geboren in Regensburg, »flohen« die Eltern mit ihr vor der Regensburger Gesellschaft, da war sie zehn. Durch den Vater, Bühnenbildner und Regisseur beim Hessischen Rundfunk, lernt sie früh die Welt des Theaters kennen, Schauspieler, Künstler, Schriftsteller. Das Jahrzehnt zwischen zehn und zwanzig, nennt sie ihr »vulkanisches«. Sie bleibt sitzen, kommt ins Internat. Ihre Eltern interessieren sich nicht wirklich für sie. Sie sieht das positiv, sie kann sich völlig frei entwickeln, Kinder werden nicht ständig beobachtet. »Hauptsache, wir störten nicht.« Als sich ein unglückliches Kind erhängt hatte, mussten die Klassenkameraden sehen, wie sie damit fertig wurden, »das ganze gewaltige Kindertröstungsritual war noch nicht erfunden worden.« Nach dem Abitur, glaubt sie, erfinde man sich neu. Man trennt sich, verliert die alten Kontakte. »Es gab Klammeraffen und Vergangenheitsverklärer. Aber das waren Verlierer, Sentimentale, man ging ihnen aus dem Weg.«
Eva Demski studierte hauptsächlich in Mainz. Sie hat Studentenliebschaften, sehnt sich aber nach »erwachsenen Männern, die einen zu Autofahrten und zum Abendessen einluden und Vorschläge fürs Leben machten.« Als sie mit Mitte Zwanzig ihren Mann Reiner Demski kennen lernt, gibt es für sie nur noch ein vorher und nachher. Er studiert Jura, ist in einer studentischen Verbindung und gleichzeitig im SDS. Man geht für die Werktätigen auf die Straße, die aber »hielten uns für Spinner, denen man das Arbeiten erst mal beibringen sollte.« Mit dreißig ist sie bereits Witwe. Über den Verlust trauert sie ewig. Sie bastelt sich ein Lebensmotto: »Wenn man still hält, lösen sich die Knoten allmählich auf, nicht glatt, nicht schnell, aber unaufhaltsam.« Als Filmemacherin beim Hessischen Rundfunk interessiert sie sich für abseitige Orte und Menschen, die eher am Rand der Gesellschaft stehen. Sie werden im Laufe des Lebens zu »Hausheiligen«. Menschen, die ihr in Erinnerung bleiben, verkörpern oft das Andersartige, Dunkle, Anarchistische, das fasziniert sie. Demskis Freiheitsdrang macht sie mutig, sie wählt das Leben einer freien Schriftstellerin. Die Eltern, enge Freunde sterben, von einigen lernt sie »wie man aus den Zumutungen und Grausamkeiten des Lebens Festlichkeit herausholen kann.« Eva Demski ist für ihre Filme und Interviews viel gereist, hat sich politisch engagiert, einen Verlag gerettet und staunt über die Geschwindigkeit, mit der sich unsere Zeit verändert. »Man weiß alles und das macht einen kalt, weil man keine Lust hat, verrückt zu werden.« Na, dann. Auf jeden Fall: ein interessantes Leben, ein faszinierendes Buch.