Drei Frauen, drei Kulturen, drei Welten
Das Wortspiel ist ins Deutsche nicht übertragbar: ‚Credoinsolodio‘ heißt Stefano Massinis Stück »IchglaubeaneineneinzigenGott«, aber der Hass, der italienisch in ›odio‹ steckt, muss in unserer Sprache separat aufgeführt werden. Auch in der anderen Bühnenauseinandersetzung mit dem einen Gott der drei Religionen, die aktuell in Frankfurt zu sehen ist – »Nathan der Weise« vom Theater Willy Praml in der Naxoshalle – spielt er eine Rolle. Hier aber, in Reinhard Hinzpeters Inszenierung von Massinis »Monolog für drei Charaktere« für das Freie Schauspiel Ensemble mit Bettina Kaminski, bestimmt der Hass das Geschehen.
Sie sind sich vorher nie begegnet. Eden Golan, die ältere, eher liberal denkende Professorin für jüdische Geschichte aus Tel Aviv; Shirin Akras, die blutjunge radikalisierte Studentin einer palästinensischen Universität in Gaza, und Mina Wilkinson, eine in religiösen Fragen eher pragmatisch denkende US-Soldatin, die ihren Dienst ebendort versieht – jaja, das gibt es! Im Rückblick – 1 Jahr, 10 Monate, 8 Tage – erzählen sie abwechselnd ihre Geschichte bis zu jenem 8. April 2003, an dem Eden und Shirin Opfer eines Antiterroreinsatzes unter Minas Kommando werden, der allerdings jemand anderem galt.
Drei unterschiedliche Frauen, rechts, links, in der Mitte, auf dem dunklen Bühnenboden. Und doch ist es immer Bettina Kaminski, die es mit unglaublich dichter und differenzierter Darstellung schafft, uns deren Denken und Persönlichkeit nahezubringen: die kindliche Naivität der Palästinenserin schon im offenen Gesichtsausdruck, mit der sich diese den Mutproben der Al-Qassam-Brigaden fügt, um endlich erfolgreich zwei Attentate durchzuführen; die Selbstzweifel der älteren, nachdenklichen, ihren Studenten zugewandten Jüdin; und die nüchterne stramme Soldatin in der Mitte, die nicht wirklich versteht, worin der Konflikt, den kleinzuhalten ihr Auftrag ist, eigentlich besteht. Positions- und Personenwechsel werden, je mehr sich die Erzählung dem verhängnisvollen Datum nähert, immer schneller – gegliedert von der wunderbaren beschwörenden Stimme Maria Kaplans. Sie singt, schon als Intro, frei gestaltete aramäische Kirchengesänge, in der Sprache des im Handlungsraum vor langer Zeit geborenen Heilsbringers also, der den Hass aus seiner Lehre verbannen wollte – soviel zum Titel des Stücks.
Historisch eingebettet werden diese sehr persönlichen Geschichten der drei Frauen von auf bezeichnenderweise zerschnittene Bühnenvorhänge projizierten Videomitschnitten der bis heute vergeblichen Nahost-Friedensverhandlungen. Zu sehen ist hier die Politprominenz – von Arafat bis Netanjahu, Bush bis Obama – erzählt und nahe gebracht werden uns aber die Schicksale der Menschen, die in einer politisch nach wie vor unzumutbaren und völlig verfahrenen Situation über-leben müssen. Unbedingt sehenswert.