Fritz Rémond zeigt die moderne Komödie »Das perfekte Geheimnis«

»Bei Anruf Mord« stand zuletzt auf dem Spielplan des Fritz Rémond. »Bei Anruf, Hosen runter!«, könnte es jetzt lauten. Metaphorisch gesprochen. Das neue Stück ist indes kein Hitchcock-Krimi, sondern eine leichtfüßige moderne Komödie und hat statt den perfekten Mord »Das perfekte Geheimnis« zum Thema.
Der Italiener Paolo Genovese hat das Stück vor zirka zehn Jahren verfasst, 2016 wurde es in Italien, 2019 in Deutschland verfilmt. Sein durchaus diskussionswertes Thema: Die Macht der neuen Medien – in uns. Und so geht’s: Ein wohlsituierter Kreis befreundeter Paare in den End-30ern trifft sich aus Anlass der Mondfinsternis privat zum Essen. Gute Laune beim Meet & Greet, nur Paul kommt wieder mal solo, weil die Neue nicht kann. Small Talk auch darüber, dass das Smartphone unser aller Leben immer mehr okkupiert, zur »Blackbox«, wie es heißt, unserer intimsten Intimitäten wird. Dass nun ausgerechnet die Psychologin Eva (Elisabeth Ebner) vorschlägt, für den Lauf dieses Essens alle Handy-Gespräche offen über die Lautsprecher zu führen, verwundert doch. Nicht aber, worauf der Abend von diesem Moment an hinausläuft. Mit einer einzigen Ausnahme, die uns der Autor quasi schenkt, kommen alle Geheimnisse auf den Tisch. Das von Eva, die sich die Brüste vergrößern lässt, das von Chris (Thomas Jansen), der es mit seiner Taxi-Disponentin treibt, das von Lukas (Ralf Stech), der sich mit von einer Geliebten sexy Bildchen schicken lässt. Auch das ganz, ganz große von Paul (Fabian Goedecke), der sich allen Vorkehrungen zum Trotz am Ende vor allen als schwul outet. Von den gut aufgelegten Schauspielern, zu denen noch Carolin Freund (als Carlotta), Thomas Peters (Richard), Rosa Alice Abruscato (als Tochter des Hauses) und Maja Müller (Bianca) gehören, hat uns letztere gut gefallen, auch wenn ihr das in der Sexberatung des Ex bestehende Geheimnis das doofste von allen war. Aber dafür kann sie ja gottseidank nix.
Generell aber gilt, je peinlicher die Entdeckung, desto vergnüglicher wird es, samt der verbalen Verrenkungen, die dazugehören, für das Publikum. Auch im Fritz Rémond Theater, wo man sich – anders als im Film – konventionell auf den Begriff des Vögelns beschränkt, wenn vom Beischlaf die Rede ist. Dass es Genovese gelänge, alle Plattheitsklippen zu umschiffen, lässt sich nicht behaupten, doch bleibt die Aufmerksamkeit meist fern der Klamauk-Ebene auf die von Regisseur Frank Josef Engel in flottem Tempo servierten doch überwiegend originellen Dialoge gerichtet. Dabei werden wir Zeugen, wie am Ende die Wahrheit alle Beziehungen zerbricht und fragen uns, während das begeisterte Publikum schon mal applaudiert, was der Autor uns damit wohl sagen will.
Tatsächlich belässt es Genovese zu aller Überraschung nicht dabei und spult das Geschehen noch einmal kurz zurück. Evas Idee wird belächelt und ein richtig schöner Abend daraus, an dem der Mond finster wird und der böse Rest im Dunkeln bleibt. Jetzt aber: wohlverdienter Applaus.

Winnie Geipert / Foto: © Helmut Seuffert

Bis 15. Januar. Di.–Sa., 20 Uhr; So., 18 Uhr
www.fritzremond.de

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