Sie zählten schon zu den Helden der Eltern. Doch jetzt sollen »Wickie« und der »Kleine König Kalle Wirsch« noch einmal der ganzen Familie die Adventszeit versüßen.
Robert Gerloff setzt dabei im Schauspiel Frankfurt auf einen Wiedererkennungswert. Die Wikinger aus dem kleinen Dorf Flake segeln unter der Navigation ihres Häuptlings Halvar (Michael Schütz) zum Ohrwurm aus der populären Fernsehserie hinaus aufs weite Meer und legen in fremden Ländern an. Maximilian Lindner hat dafür ein geschicktes Bühnenbild konstruiert. Wie in einem Karussell umrunden die starken Männer in ihrem Drachenboot die Spielfläche, wobei auf der anderen Seite immer wieder der Glockenturm vorbeifliegt, der für ihre Heimat steht.
Auch wenn Wickie sich die Nase reibt, ertönen unter der Leitung von Cornelius Borgolte bekannte Klänge. Doch die Titelfigur deckt sich nicht mit den Erinnerungen an die Zeichentrickreihe aus japanischer Hand. Stellte der schwedische Autor Runer Jonsson in seiner Vorlage dem Anführer der Seefahrer einen Sohn zur Seite, hat man es in der Theateradaption von Gerloff und der Dramaturgin Katja Herlemann mit einem Mädchen zu tun: Annie Nowak gibt Wickie in Rock und Pullover mit ohrenlang geschnittenen, rötlichen Haaren.
Die Besatzung akzeptiert’s, da der lebhafte Spross ihres Bosses und seiner Frau Ylva (Susanne Buchenberger) sie mit seinen Ideen, aber auch der Hilfe des Publikums aus mancher Misere herausführt: Der fleischsüchtige König (Abdul Aziz Al Khayat), die gar nicht so schaurigen Inselgespenster und der Schreckliche Sven (Amaru Albancando), sie alle werden überlistet.
Zu den schönen Effekten der Inszenierung gehört, dass manche Überraschung aus dem Boden heraus auftaucht. Ansonsten setzt man in der Ausstattung auf klare Linien und beschränkt sich auf das Nötigste, um die nicht immer ganz stimmige Geschichte zu erzählen.
Das Staatstheater Wiesbaden kreiert mit seinem Weihnachtsmärchen unter der Regie von Dirk Schirdewahn einen herrlichen Kontrapunkt. Im Reich der Erdmännchen herrscht Detailreichtum. Nina Wronka hat zauberhafte Szenerien für die spannende Reise durch die Unterwelt entworfen, die Kostüme der Tiere und Fantasiewesen zeichnet besonderer Pfiff aus. Die Handlung beruht auf einem Kinderbuch der Frankfurterin Tilde Michels, das durch einen TV-Vierteiler der Augsburger Puppenkiste Anfang der 1970er-Jahre zu größerer Berühmtheit kam: Kalle, ein in der Darstellung von Philipp Steinheuser zu seinem eigenen Ärger an einen Gartenzwerg erinnernder König der fünf unterirdischen Völker der Wirsche, Wolde, Gilche, Trumpe und Murke, wird von einem Neider zum Duell um den Thron herausgefordert. Doch dieser, Zoppo Trump (Martin Bringmann), spielt mit gezinkten Karten und versucht, den Regenten, unter anderem mithilfe einer grandios-hinterlistigen Ratte (Ipek Bayraktar), vorzeitig verschwinden zu lassen. Ein Schelm, wer meint, der Nachname stehe bis heute für einen von Machtgier Besessenen, der sich unlauterer Mittel bedient, um seinen Willen durchzusetzen.
Zusammen mit den Menschenkindern Jenny (Vera Hannah Schmidtke) und Max (Calvin Auer) muss der Titel-Verteidiger den von Nebel umwaberten See der Finsternis überqueren, die lebensbedrohliche Frage am Eingang zum Rubinberg lösen und dem tödlichen Blick des bösen Drachen Murrumesch entgehen. Kribbeln mischt sich mit Faszination – ein hinreißender Trip durch ein Traumland.
Katja Sturm (Foto: Wickie-Darstellerin am Schauspiel Annie Nowak, © Jessica Schäfer)
Termine Wickie: 5., 7., 8., 12., 13., 14., 19.–21., 25. Dezember, unterschiedliche Zeiten
www.schauspielfrankfurt.de
Termine Kalle Wirsch: 10. Dezember–2. Januar, fast täglich, unterschiedliche Zeiten
www.staatstheater-wiesbaden.de