Der Deutsche Krimipreis ist die älteste deutsche Auszeichnung für dieses Genre. Seit 1985 sucht eine Jury aus Kritiker*innen, Literaturwissenschaftler*innen und Krimi-Buchhändler*innen die besten Kriminalromane des Jahres aus, eben solange ist unser Kolumnist Alf Mayer dort Jurymitglied.
Hier die nationalen und internationalen Preisträger des Jahres 2021:
1. Merle Kröger: Die Experten (Suhrkamp)
2. Johannes Groschupf: Berlin Heat (Suhrkamp)
3. Susanne Saygin: Crash (Heyne)
1. David Peace: Tokio, neue Stadt (Liebeskind, Deutsch von Peter Torberg)
2. Colin Niel: Nur die Tiere (Lenos, Deutsch von Anne Thomas)
3. Garry Disher: Moder (Pulp Master, Deutsch von Ango Laina und Angelika Müller)
Die Experten: »Es ist bemerkenswert, wie Merle Kröger das Private mit dem Politischen verbindet. (…) In dieser Familiengeschichte, in diesem Thriller zeigt sich das Verdrängte, über das bis heute nicht gesprochen wird: Das betrifft die großen Kontinuitäten in der Politik. Entscheidungen, die damals in den Anfangsjahren der BRD getroffen wurden, haben noch heute Folgen. Der Politthriller soll die Wahrheit hinter der Wahrheit aufdecken, Merle Krögers Roman macht deutlich, dass es viele Wahrheiten gibt.« (Sonja Hartl, Zeilenkino)
Berlin Heat: »Johannes Groschupf jagt seinen zweischneidigen Helden, dem bald die halbe Stadt auf den Fersen ist, so packend wie unterhaltsam von einem Schlamassel in den nächsten – und nutzt die Gelegenheit dieser wilden Hatz für ein flirrendes Großstadtportrait der besonderen Art… ein höchst gegenwärtiger (Polit-) Thriller mit Biss, Witz und Verstand, der mit großer Lust das Leben feiert. Auch wenn das mitunter einen hohen Preis kostet.« (Ulrich Noller, WDR)
Crash: »Dieser Thriller ist grelle Anklage, Karikatur einer Clique aus Politik und Wirtschaft, die nicht nur gnaden- und skrupellos auf Bereicherung aus ist, sondern auch auf Machtergreifung im Ungeist eines neuen Hightech-Nationalismus. In ihrem Roman balanciert Saygin auf der Grenze zwischen naturalistischer Darstellung von Verkommenheit und satirischer Überzeichnung… ›Crash‹ ist Berlin noir grotesk: je lascher die Politik, desto wilder der Krimi.« (Tobias Gohlis, Deutschlandfunk Kultur)
Tokio, neue Stadt: Tokio im Jahr 1949, Japan unter US-amerikanischer Besatzung. „Die Sprache, die der Autor wählt, ist nüchtern und schlicht, er beobachtet genau und schildert Alltagshandlungen detailliert. Und doch ist diese Kargheit durchlässig: Wahn und Traum verschwimmen, öffnen sich der Geisterwelt und lassen die Toten und die Vergangenheit in die Gegenwart eindringen.« (Kirsten Reimers, Deutschlandfunk)
Nur die Tiere: »Colin Niels’ Roman ist eine Art Plot-Wunder, … ein schönes Beispiel, wie man den guten alten Whodunnit sinnvoll wiederbeleben und gleichzeitig demontieren kann, weil es keinen Masterplan gibt, und in dieser Welt, die der Roman schildert, auch gar nicht möglich wäre. Wie Niel die fünf Perspektiven so montiert, dass am Ende kein Rashomon-Effekt entsteht, sondern Zufall und Irrtum erzählbar werden, und es tatsächlich eine Wahrheit gibt, ist große Handwerkskunst – die aber nur so brillant funktionieren kann, weil hier eine substanzielle Geschichte erzählt wird, die einen wirklichen ‚Sitz im Leben‘ hat.« (Thomas Wörtche, Deutschlandfunk Kultur)
Moder: »Man muss Wyatt nicht mögen, um Dishers Wyatt-Romane (inzwischen sind es neun) hinreißend spannend, ja vergnüglich zu finden, da sie den Diebstahl und seine Vorbereitung Zug um Zug wie ein Schachspiel inszenieren. … Wyatt ist kein Draufgänger und Vabanque-Spieler, kühl kalkuliert er noch den unwahrscheinlichsten Zwischenfall sowie Zufall mit ein und versucht, sich auch dafür ein Hintertürchen offen zu halten. (…) Aber es wäre ein langweiliger Thriller, wenn Wyatts penible Planungen tatsächlich aufgingen.« (Sylvia Staude, Frankfurter Rundschau)
Siehe auch: www.deutscher-krimipreis.de