»Mein fabelhaftes Verbrechen« von François Ozon

Ein guter Trailer ist die beste Werbung für einen Film. Legendär sind diejenigen zu Hitchcocks späten Meisterwerken. In ihnen ging der Regisseur durch den Set und erzählte etwas Abgründiges über die Handlung – für den deutschen Markt auch auf Deutsch. Aktuell ist die Vorankündigung zu »Mein fabelhaftes Verbrechen« besonders gelungen. Darin gehen zwei junge Frauen zusammen ins Kino – es hat einen prachtvollen Eingang – und freuen sich auf den dort angekündigten Film, von dem sodann ein Zusammenschnitt gezeigt wird.

Wer sich von dieser Vorankündigung animieren lässt, landet in einer wunderbar altmodischen (darauf deutet schon der Trailer hin) Boulevard-Komödie aus den 1930er Jahren, wie sie heutzutage nur noch Franzosen zustande bringen. Bei den beiden Frauen handelt es sich um Nadia Tereszkiewicz und Rebecca Marder, im Film die Schauspielerin Madeleine Verdier und die Anwältin Pauline Mauléon, Madeleines beste Freundin. Beide wohnen zusammen in einer Pariser Mansardenwohnung und sind in ihrem jeweiligen Beruf ziemlich erfolglos.
Madeleine hat gerade den zudringlich gewordenen Theaterproduzenten Montferrand (Jean-Christophe Bouvet) abgewehrt und so ein neues Engagement ausgeschlagen. Kurz darauf wird Montferrand tot aufgefunden, und Madeleine gerät unter Mordverdacht. Pauline sieht ihre Chance, zu Geld zu kommen und bekannt zu werden. Sie übernimmt die Verteidigung ihrer Freundin.
Die Verdächtigte streitet zunächst ab, am Tod des Produzenten schuld zu sein. Doch die clevere Pauline glaubt, dass Madeleine mit dem Geständnis, den Produzenten aus Notwehr getötet zu haben, nicht nur straffrei davonkommen, sondern auch zu einer gefragten Schauspielerin werden könnte. Und an ihren eigenen Ruhm, der ihr viele neue Mandanten einbringen würde, denkt Pauline natürlich auch.
In dieser intelligent ausgearbeiteten Gesellschaftssatire treten u.a. auf: Fabrice Luchini als trotteliger Richter, der die Untersuchung leitet, sowie der hierzulande gern unterschätzte Danny Boon, als Fernand Palmarède, ein neureicher Gigolo aus Marseille, der Madeleine köstlich übertrieben den Hof macht. Zudem André Dussoullier als der reiche Industrielle, der entstandene Unstimmigkeiten mit dem nötigen Geld regulieren kann, und Isabelle Huppert in einer köstlich-komischen Glanzrolle als einstiger Star und Immer-noch-Diva Odette (ich dachte sofort an Proust) Chaumette, die ihren Anteil an Ruhm und Geld einfordert.
Er verspüre in Zeiten kollektiver Depression das Bedürfnis, zu Phantasie und Leichtigkeit zurückzukehren, um die harte Realität besser ertragen zu können, hat Ozon erklärt. Damit begründet er, warum er das Theaterstück »Mon Crime« (so auch der Originaltitel seines Films) von Georges Berr und Louis Verneuil als Vorlage gewählt und mit aktuellen Anspielungen versehen habe. Wer sich in der unlängst hitzig geführten #MeToo-Debatte einen kühlen Kopf bewahrt hat, dürfte sich auf dieser opulent ausgestatteten Zeitreise bestens amüsieren.

Claus Wecker
Foto: © 2023 Mandarin et Compagnie+, Foz Gaumont+, Scope Pictures, France2Cinema, Playtime Production
>> TRAILER
MEIN FABELHAFTES VERBRECHEN
(Mon Crime)
von François Ozon, F 2023, 102 Min.
mit Nadia Tereszkiewicz, Rebecca Marder, Isabelle Huppert, Danny Boon, Fabrice Luchini, André Dussollier
Krimikomödie
Start: 06.07.2023

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