Staatstheater Darmstadt: Kontrollierte Unterforderung mit »Happy End (keine Garantie)«

Diät muss sein: Es ist eine ziemlich dünne Suppe, die uns sehr absichtsvoll der Autor Felix Krakau mit seiner Auftragsarbeit in den Darmstädter Kammerspielen in eigener Regie serviert. Und dann auch noch wortgewichtig als »Tragikomödie« garniert. Mit großem Trara stürmen drei Gestalten in schwarzen Kampfoutfits aus Trockeneisnebeln die Bühne, um das Publikum in – tja …: in Geiselhaft zu nehmen. Wie bitte? »Das hier ist echt, das hier ist life« fügen sie mit grimmigen Gesichtern rhythmisch im Chor hinzu, aber schon bald auch ein »Wenn-das-für-euch- okay-ist«. Und weil das für alle okay ist und alle auch versprechen, dass keiner und keine die Polizei anruft, dürfen alle ihre Handys behalten. »Happy End (keine Garantie)« heißt das Ganze. Aber mit Handy.
Und ist es auch Blödsinn. so hat es doch Methode. Denn das Einvernehmen zwischen Geiselnehmern und Geiselgebern ist eine Grundkonstante von Krakaus Farce, der hier schon vor Jahresfrist mit »Showtime« nicht nur die Kritik beeindruckte. Schließlich geht es dem Trio, das mit seiner Tat die Bundesregierung erpressen will, um eine Welt, in der es keine Kriege, keine Krisen und keine Nöte mehr gibt und in der sich alle, und nicht nur Geiseln und Geiselnehmer, gut verstehen. Fromme Wünsche fürwahr, die den eigenen allerdings ziemlich nahe kommen – wenn man ehrlich ist. In ihrer hilflosen Wehrhaftigkeit sind die verzweifelten Weltenretter gewiss nicht alleine.
»Bennie Bulldog« (Daniel Scholz), »Tom TNT« (Matthias Znidarec) und »Bella Top Secret« (Jasmin-Nevin Varul) heißen sie und unterscheiden sich auch sonst nur wenig von uns mit ihren Problemen. Da wird dann auch mal geweint, gegeneinander gemotzt und geflirtet und sich in Verdrehung des Stockholm-Syndroms gleich in das ganze Publikum verliebt. Und auch mal zugegeben, dass es bei der ganzen Geiselnehmerei nicht zuletzt um die Anerkennung und die Aufmerksamkeit geht, die man dafür erhält. So nur-blöd und flach die Chose auch klingt, so vorhersehbar die Gags auch daher kommen, erwischt sich das humorgefolterte Opfer doch ein ums andere Mal, bisweilen fast widerwillig, beim Lachen – was gewiss auch den famosen Darstellern zu verdanken ist.
Da auf einen groben Klotz ein grober Keil gehört, bleibt auch der Plot – hier: »Der Plan« – im besagten Suppenrahmen stecken. Die »zärtlichsten Gangster der Welt« haben nämlich das Pech, dass einfach niemand abnimmt bei der Regierung in Berlin, als sie erpresserisch anrufen. Ein Glück am Ende, dass dann doch jemand drangeht und der vorsorglich bei fair bezahlten Arbeitern in Auftrag gegebene Fluchttunnel – ein Steinhaufen auf der Bühne zeugt davon – nicht umsonst nicht fertig geworden ist. So kommen denn auch die Forderungen, zu denen die ultimative Verrentung Thomas Gottschalks gehört, zur Sprache. Nach 65 Minuten findet die kontrollierte Unterforderung mit einiger Verlegenheit ihr glückliches Ende – durch einen Kuss unter Männern. Womöglich halt so eine Idee.

Winnie Geipert / Foto: © Sinah Osner
Termine: 1., 14., 28. April, 19.30 Uhr; 9. April, 18 Uhr
www.staatstheater-darmstadt.de

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