»The Art of Love« von Philippe Weibel

Man muss sich schon etwas trauen, wenn man Sexspielzeug in den Mittelpunkt einer romantischen Komödie stellt. Der Schweizer Philippe Weibel hat deshalb Mut bewiesen, als er seinen Film »The Art of Love« konzipierte und auch selbst die Regie übernahm. Dass er die Glaubwürdigkeit des Geschehens mitunter auf eine harte Probe stellt, sollte ein erfahrenes Kinopublikum nicht weiter stören.

Da ist zunächst die bei den Londoner Verkehrsbetrieben beschäftigte Eva Parker (Alexandra Gilbreth), eine frustrierte Ehefrau in den Fünfzigern mit unvorteilhafter Pony-Frisur. Ihr Mann Ben (Jeremy Swift) hat offenbar vergessen, dass er die Frau, neben der er lebt, einmal heiß geliebt hat. Jetzt sitzt er abends vorm Fernseher, bis er müde ins Ehebett sinkt.
Um diese unbefriedigende Situation zu beenden und endlich wieder Schwung in ihre Ehe zu bringen, sie im Grunde sogar zu retten, plant die nicht umsonst nach der biblischen Urfrau Benannte eine Urlaubsreise. Einmal raus aus dem tristen Alltag, das ist der Plan. Und um ihn umzusetzen, verfasst die hyperseriös wirkende Eva ausgerechnet Testberichte für die Londoner Firma »The Art of Love«, die diverse Gegenstände zur sexuellen Lustbefriedigung herstellt.
Hinter der Ecke ihres Wohnhauses verborgen, nimmt sie, ohne von Mann und Nachbarschaft gesehen zu werden, die Testprodukte aus dem auffällig beschrifteten Firmenwagen entgegen. Hat man das erst einmal geschluckt, kommt die nächste Herausforderung: Ihre sensibel verfassten Testberichte steigern den Umsatz, obwohl Eva natürlich kein einziges Sex-Toy selbst ausprobiert hat.
Von Hector (Kenneth Collart), dem Chef der Firma, der sich im Verlauf als böser Kapitalist entpuppt, bekommt sie den Auftrag, zusammen mit Adam (!) Kowinski (Oliver Walker), dem Influencer mit der riesigen Follower-Schar, aber ohne wirkliche Freunde, eine Art Sex-Roboter zu entwickeln. Der durchtrainierte, tätowierte Adam wird gleich zu Beginn von einer Schönen, die kein Plastik mag, zum schnellen Sex eingeladen. Wie soll er da mit einem Hausmütterchen einen Sexroboter menschlich machen? Es braucht also eine Anlaufzeit, bis beide miteinander zurecht kommen.
Weil Eva zwanzig Jahre älter ist, muss auch noch die zu Adam passende junge Frau auftauchen. Sie heißt Claire, wird von Jasmine Blackborow gespielt und ist Adams Gedichte schreibende Nachbarin, die eine pflegebedürftige Kakteen-sammlung besitzt. Mit beiden Frauen entdeckt Adam nun seine weiche Seite. All sein Machogehabe hatte vor allem den Zweck, seine Unsicherheit zu verbergen.
Auf dem gewundenen Weg zur romantischen Komödie, von der am Anfang dieses Textes die Rede ist, kann man sich über manch gelungenen Einfall amüsieren.
Eine Kritik an der Vereinzelung in unserer Gesellschaft und der Technisierung menschlicher Beziehungen wird zwar nicht so deutlich wie in »Du bist mein Mensch«, ist aber immerhin zu erkennen. Der Film hat in regionalen, wenig bekannten Festivals einige Preise bekommen – etwa den Publikumspreis der »Süddeutschen Zeitung« beim »Fünf Seen Festival« vor den Toren Münchens.

Tom Zwicker / Foto: © 2023 FilmKinoText
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THE ART OF LOVE
von Philippe Weibel, CH/GB 2022, 107 Min.
mit Alexandra Gilbreath, Oliver Walker, Kenneth Collard, Jasmine Blackborrow, Michelle Greenidge, Jeremy Swift
Komödie
Start: 13.07.2023

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