Theaterhaus Frankfurt überschreibt Sergej Prokofjews Märchenoper »Peter und der Wolf«

Die Ente lebt! Das können wir jetzt allen versichern, nachdem es mit der Genehmigung von Sergej Prokofjews Erben hoch offiziell eine Fortsetzung von dessen musikalischem Märchen »Peter und der Wolf« gibt. Die heißt denn auch »Die Ente lebt«, stammt von Jean-Francois Verdier, sei hier aber nur mal zur Beruhigung erwähnt. Was nämlich mit der Ente geschieht, die am Ende des Abenteuers quicklebendig aus dem Bauch des Wolfes quakt, das beschäftigt nach der Vorstellung so manchen im Frankfurter Theaterhaus. Indes nutzt die Regisseurin Elisabeth Gabriel das berühmte Stück nicht nur, um das junge Publikum an klassische Musik heranzuführen, sondern auch als Vehikel für eine zweite Geschichte »über Angst und Mut, über Freunde und Freiheit«, wie es in der Unterzeile heißt. Ganz modern nennt man das heute eine Überschreibung.
Gabriel erzählt von einem Jungen (Günther Henne), der mit seinem grantigen Großvater (Michael Meyer) in einer arg biederen Hütte aus braunen Brettern lebt und nicht mal raus darf, wenn der Großvater seine Runden dreht. Auch dass der eine Katze hat und ab und zu eine Freundin (Uta Nawrath in Personalunion), macht es für den Jungen nicht einfacher. Seine einzige Freude kommt aus der schwarzen verschlossenen Truhe mitten im Zimmer: ein großes Staunen im jungen Publikum auslösendes Exemplar eines veritablen Schallplattenspielers. Kaum ist der Opa draußen, stibitzt er den Schlüssel vom Wandgeweih, um gleich darauf das Musikmärchen »Peter und der Wolf« aufzulegen. Es ist die legendäre Version aus den 70ern mit dem Schauspieler Karlheinz Böhm als Sprecher und den Wiener Philharmonikern und Leitung seines Vaters Karl.
Mit der Geschichte um Peter und seine vom räuberischen Wolf bedrohten gefiederten Freunde, die wir – mit Unterbrechungen, wenn der Großvater heimkommt – fast vollständig hören, kommt indes auch die Phantasie des Jungen in Gang. Die tristen dunklen Wände gehen auf (Bühne: Nanette Zimmermann) und verwandeln sich drehend in eine helle farbenfrohe Blumenwiese. Das Vögelchen (Susanne Schyns) aus der Geschichte tobt jetzt im Punker-Stil durch den Raum und sagt dem Schallplatten-Prokofjew sogar einmal mit Heavy Metal aus dem Transistorradio den Kulturkampf an, während die Ente (Meyer) sorglos vergnügt wunderbare Seifenblasen bläst und der Kuckuck aus der Kuckucksuhr mal wieder zur falschen Zeit aus dem Häuschen gerät. Und dann erscheint er doch, der böse Wolf (Schyns) der in Wahrheit aber ein vermummter Einbrecher ist, und die Situation wird bedrohlich. Die Jäger, von denen das Märchen erzählt, tauchen nun wenig vertrauenserweckend (und etwas überzogen) als paramilitärische Truppe auf und hängen Fahndungsplakate mit dem Aufkleber »tot oder lebendig« aus.
Weitere Worte braucht die Inszenierung, über die vom Plattenteller zu hörenden hinaus, keine. So hat man den vollen Genuss der alten Platte und dank des hinreißenden Spiels von Günther Henne und seinen Mitspielern noch eine ganze Menge zu bereden. Ab sechs Jahren.

gt (Foto: © Katrin Schander)
Termine: 17., 18. Dezember, 9 + 11 Uhr; 19. Dezember, 11 + 14.30 Uhr; 20. Dezember, 14.30 Uhr; 21. Dezember, 17 Uhr;  22. Dezember, 15 Uhr
www.theaterhaus-frankfurt.de

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