Theaterhaus Frankfurt zeigt die Drogengeschichte »High«

Im September-Strandgut vergangenen Jahres haben wir die »High«-Premiere am Frankfurter Theaterhaus als »außergewöhnliche Stückentwicklung« angekündigt. Und das ist sie in jeder ihrer 60 Minuten auch geworden. Susanne und Jonathan Schyns, Mutter und Sohn, haben mit dem künstlerischen Team des Hauses ihr eigenes Erleben zum Thema einer Performance über scheinbar »typische Drogenkarrieren« gemacht, Es ist eine Geschichte, an der – wie der jeder anderen Drogenkarriere – nichts typisch ist und sein kann, auch wenn sie wie so viele mit ein bisschen Kiffen nach der Schule beginnt und in steter Steigerung in den Abgrund führt.
Es wummert Techno, bevor Susanne und Jonathan sich und ihr Vorhaben über eine »dunkle Zeit« vorstellen, die für Jonathan, das betont er sogleich, nicht nur dunkel, sondern auch »spannend und geil« gewesen sei. Es geht um seine Zeit zwischen 13 und 19 Jahren, jetzt ist er 21. Alles noch ziemlich frisch, möchte man meinen, aber auch stabil? Erzählt wird aus dem gemeinsamen Erinnern, dem Susanne gleichwohl vorausschickt, wie Jonathan auf die Welt gekommen ist und auf sie wirkte, der kleine Sturkopf. Was folgt ist ein mitreißender chronologischer Reigen von Episoden eines Stationendramas aus subjektiven Bildern, der in keineswegs nur harmonischen Dialogen, die geballte physische, psychische, emotionale, aber auch soziale Wucht einer Abhängigkeit zu vermitteln sucht. Ein Seelenstriptease, das vorweg, wird das Ganze nicht.
Wohldosiert, um im Sprachbild zu bleiben, von kunstvollen szenischen Musik-, Tanz- und Spieleinlagen überbrückt, miterleben wir das Erstaunen der Eltern als plötzlich die Polizei in der Haustür steht und nach Jonathan fragt, sein Lügen, Leugnen und Leiden, aber auch seine großen und noch immer verklärt klingenden Gefühle auf dem langen Weg der Selbsterkenntnis, süchtig zu sein. Lange, lange, als die Mutter in ihm längst den Junkie erkannte, hatte Jonathan nach eigenem Ermessen noch immer »alles im Griff«. Vieles, was er erlebt hat, will er auch heute auf keinen Fall vermissen, wozu wohl auch gehört, dass er das mutmaßlich Schlimmste auf der Kippe vom Leben zum Tod, schlicht nicht mehr weiß.
Der ehemalige Hausregisseur der Kinder- und Jugendtheaterbühne Rob Vriens führt für diese Geschichte noch einmal Regie für das Ensemble, Michael Meyer, Jonathans Vater, hat dafür einen eine Art psychedelischen Strandkorb für alle Locations kreiert, und Leo Kees und Camilla Fiumara zeichnen für die Choreografien und die Körpersprache in einem Bühnen-Pas-de-deux verantwortlich, in dem auch der Laienspieler eine in jeder Hinsicht gute Figur abgibt. Zusammen gelingt ihnen ein in jeder Sekunde fesselndes, authentisches, emphatisches Zeugnis der Selbstfindung Jonathans und seiner Familie, die gleichermaßen Jung und Alt, Schüler wie Eltern faszinieren sollte. Dabei mag die ihr innewohnende bitterböse Ironie daran erinnern, dass ein solches Schicksal alle ereilen kann, selbst unter Eltern, die sich die kritische Auseinandersetzung mit der Empfindungswelt von Kindern und Jugendlichen zum Beruf gemacht haben.

Winnie Geipert / Foto: © Katrin Schander
Termine: 24., 25., 26., 27. Februar, 10 Uhr; 6., 7. März jeweils 10+19 Uhr
www.theaterhaus-frankfurt.de

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