555 mal Strandgut – Eine Zeitreise des Herausgebers Kurt Otterbacher

Dies ist das fünfhundertfünfundfünfzigste Strandgut-Heft. In der Numerologie ist 555 als Engelszahl bekannt, als Zeichen für bevorstehende Veränderungen und Wachstum – also für etwas Gutes. Bei Heft 666 geht der Offenbarung (griechisch »Apokalypse«) des Johannes zufolge – die Welt unter, denn 666 ist die Zahl des Biestes = Satan. Bis dahin sind es aber noch 111 Monate – und wann hatte die Bibel das letzte Mal recht? Im Jahr 1976 vermutlich, da erschien das gleichnamige Buch von Harald Keller – und damals, blutjung, betrieben wir das Studentenkino pupille.
Das erste Strandgut hatte die Nummer 24, vorher hieß unser Blatt pupille, dann Harmonie, schließlich strandfilm und erst ab Januar 1980 »Strandgut«. Bei einer Filmpreis-Verleihung, 1979 in Bonn, beschimpften uns nämlich Kollegen: »Da ist ja das Strandgut aus Frankfurt«. Dazu haben wir gestanden.
Der 1980-er Strandgut-Titel machte verheißungsvollerweise Reklame für den Film von Thomas Kufahl: »Das Ende des Regenbogens«. »Wenn ich an meine Zukunft denke«, sagt Jimmi, der Held dieses Filmes damals, »kriege ich Horror«. Das ist 45 Jahre her – und 45 mal 12 Monate ergibt eine Heftzahl von 540 plus 5 Hefte in 2025. Dazu kommen die 23 Hefte, in denen das Blatt noch einen anderen Namen trug, macht 568. Die Differenz zu 555 erklärt sich aus einigen sommerlichen Doppelnummern, Corona und ein paar Numerierungsfehlern.
Damals hatten wir alle noch eine Zukunft, die für uns mit dem Jahre 2001 und der »Odyssee im Weltraum« begann. Jetzt leben wir bereits fast ein Vierteljahrhundert in dieser Zukunft – und weiß Gott, sie ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Wer hätte damals schon für möglich gehalten, dass die Rechtschreibung verschandelt, es eine Bibel in gerechter Sprache geben würde, und ein Teil unserer Gesellschaft dem andern Benimmregeln auferlegt, von denen man sich nicht mal mehr mit einem Fünfer im »Sparschwein für böse Worte« freikaufen kann.
Statt Kubricks Prognose, die auf einer schlechten Kurzgeschichte von Arthur C. Clarke basiert, beruht unsere gegenwärtige Zukunft eher auf Isaac Asimovs »Der Tausendjahresplan« (»Foundation«). Die »Bibliothekare« aus dieser 1952 veröffentlichten Trilogie finden ihre Analogie in »Wikipedia«; sogar ein Typ wie Donald Trump ist eingearbeitet – als der Mutant »Fuchs« im 2. Band von »Foundation«. Bei Asimov dauert es tausend Jahre bis »Alle Wege nach Trantor« führen. Bis dahin ist noch eine Menge Zeit. Da die besten Bücher bereits geschrieben, die besten Filme bereits gedreht und die beste Musik bereits komponiert wurde, sollten wir diese Zeit nicht dazu nutzen, uns danach umzutun – bevor sie umgeschrieben, »korrigiert« und mit Triggerwarnungen versehen wurden?
Denn: »Trau keinem unter 555«.

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