Aus dem Programm des Schauspiel Frankfurt für die Saison 2025/26

Es ist ein bisschen beliebig, aber trotzdem, es ist ein Motto: »Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen«, mit diesem Zitat von William Faulkner umschreibt das Team des Schauspiel Frankfurt sein Programm für die kommende Spielzeit und nimmt ganz nebenbei den Begriff von der Zeitenwende wieder auf. Wohin wendet sich die Zeit, und wohin wendet sich das Theater?
Antworten darauf sollen nun die 18 Premieren formulieren, zehn darunter Uraufführungen. Das sind für sich genommen schon mal stattliche Zahlen, ebenso wie die Auslastung von 94 Prozent, die in der laufenden Saison bis Ende April erreicht worden ist, wobei rund 30 Prozent auf Schüler- und Studententickets entfallen dürften. Was hier natürlich nicht image-mindernd begriffen werden soll, ganz das Gegenteil, schließlich wollen und müssen die Jüngeren unbedingt fürs Theater gewonnen werden, das seine fragile und schwankende Existenz immer wieder beweisen muss.
Zur Eröffnung der Spielzeit wird gleich eine Uraufführung geboten, die Jan Bosse inszenieren wird: »Sanatorium zur Gänsehaut. Eine Entfaltung« lautet der Titel des »Grusicals« aus der Feder von Ferdinand Schmalz, der in Frankfurt schon mit »Jedermann stirbt« und »Mein Lieblingstier heißt Winter« viel Aufmerksamkeit auf sich zog. (12.9., Schauspielhaus)
Mit »Antigone« geht wohl eines der politisch ausdrücklichsten Stücke des antikischen Repertoires an den Start. Selen Kara wird inszenieren; man erwartet einen feministischen Blickwinkel, das ist bei der Themenlage eigentlich die Forderung der Stunde. (20.9., Schauspielhaus)
Die Saison in den Kammerspielen eröffnet ebenfalls eine Uraufführung: »So langsam, so leise«, die von Luise Voigt in Szene gesetzt wird. Sie ist gerade zum Berliner Theatertreffen geladen gewesen, hat also aus der Sicht der Kritiker*innen eine der zehn besten Inszenierungen im deutschsprachigen Raum in der vergangenen Spielzeit geliefert. Das Stück stammt von Björn SC Deigner und thematisiert anhand von einer Tochter-Vater-Begegnung familiäre Wunden und Verstrickungen. (13.9.)
Auch die weiteren Premieren im Kammerspiel sind Uraufführungen, »Das Spiel des Schwebens« von Anja Hilling, die schon »Liberté oh no no no« und »Mascha K. (Tourist Status)« in Frankfurt gezeigt hat, Christina Tscharyiski führt Regie. (10.10.) Dem Gretchen, das sie so unglaublich fesselnd und fabelhaft in »Faust 1 & 2« interpretiert hat, widmet sich Lotte Schubert gemeinsam mit ihrem Bandkollegen Thorsten Drücker in »Cold Case: Gretchen brennt«. (24.10.)
Die Mode der Romanadapationen und -überschreibungen setzen »Das Bildnis des Dorian Gray« in einer Inszenierung des israelischen Regisseurs und Bühnenbildners Ran Chai Bar-zvi fort; Johanna Wehner, die hier schon »Dracula« und »Hiob« so sensibel auf die Bühne gebracht hat, widmet sich den »Buddenbrooks« , und Timofej Kuljabin inszeniert Bulgakows »Der Meister und Margarita«, nach seinem grandiosen »Macbeth« seine zweite Arbeit am Schauspielhaus.
Erst im kommenden Jahr startet das Junge Schauspiel in seine Premierenzeit: In seinem Stück »Paradiesvögel«, das ebenfalls eine Uraufführung sein wird, befragt es die aktuelle Gesellschaft nach Zukunftsperspektiven für die Welt der Jungen, die von Sinnkrisen und Versagensängsten eingeschüchtert werden. Wo gibt es einen Ausweg? (30.1.2026). Das Museum für Weltkulturen ist Spielort für ein ungewöhnliches Projekt: die dortige Ausstellung »Sheroes« von jungen afrikanischen Comic-Künstler*innen dient der Inspiration für eigene Performances.
Als Familien-Weihnachtstück wird erneut »Momo« die große Bühne erobern.

Susanne Asal / Foto: © Birgit Hupfeld
www.schauspielfrankfurt.de

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