Begehbare Skulpturen in den Jakobshallen Bad Homburg

Nicht nur für Bad Homburg sind die »Jakobshallen« ein Glücksfall, sondern auch für die Region: ist es doch in diesen 300 Jahre alten, lichtdurchfluteten, hohen Räumen einer ehemaligen Kirche möglich, auch überdimensionale Skulpturen oder Installationen zu zeigen, die in normalen Museumsräumen kaum unterzubringen wären.
Der rührige Galerist Christian Scheffel als Kurator und Betreuer dieser Räumlichkeiten in unmittelbarer Nähe zur Erlöserkirche hat darüber hinaus ein sicheres Gespür für spektakuläre, meist auch sinnfällige Kunstwerke, die (nicht nur) hier einen würdigen Rahmen finden. Großobjekte der von Scheffel für Bad Homburg entdeckten Künstler wie Nigel Hall oder David Nash waren bzw. sind auch während der Blickachsen-Ausstellung (und einige noch danach) in den Parks zu bestaunen.
Die jetzt neu initiierte Ausstellung stellt das Künstlerduo Wolfgang Winter und Berthold Hörbelt vor, die sich seit vielen Jahren der Kunst im öffentlichen Raum verschrieben haben. Einige Objekte wie »Perlen des Alltags« aus PKW-Rücklicht-Abdeckungen oder ein begehbares Konstrukt »Basket« sind den Besuchern der »Blickachse« des vergangenen Jahres bereits im Schloss- bzw. Jubiläumspark bekannt. In den Jakobshallen allerdings fällt auf, dass diese Kunstwerke auch in Innenräumen wirken.
Zeigen sich doch beim nahen Betrachten die aus Alltagsmaterialien hergestellten Skulpturen und Projekte geradezu filigran. Das »Innere quasi von Außen aufnehmen« – und umgekehrt. Im Alltag Vorhandenes in Kunstobjekte transformieren: will heißen, dass die verarbeiteten Materialien (z.B. Bettfedern aus gebrauchten Federkernmatratzen) durchaus auch wieder in den alltäglichen Kreislauf zurückgeführt werden können. Ein begehbares »Kartenhaus« aus übereinandergestapelten Getränkekästen z.B. gewährt geradezu magische Aus- und Einblicke in den gegenüberliegenden Innenhof des Museums. Auch dieses Objekt ist gewissermaßen recyclebar. Geradezu zauberhaft leuchten »Vorhänge« aus schmal gestrecktem Metall, das minimal lackiert ist und dadurch unwirklich leuchtet. Ähnlich auch Federstahl-Bänder, ebenfalls ein wenig lackiert und ineinander lose an eine Wand gehängt, die durch unterschiedlichen Lichteinfall wie dreidimensional wirken können.
Bunte Sitzmöbel aus FAZ-Zeitungen eines Tages etwa erstaunen ebenso wie ausgediente Verkehrsschilder, die irritierend verändert sind.
Oft, so Wolfgang Winter im Gespräch, entstehen Entwürfe, die erst nach längerer Zeit beendet werden und quasi works in progress sind bzw. bleiben.
Eine bemerkenswerte Ausstellung, die sich durchaus verbinden lässt mit den »Wäldern« im gegenüberliegenden Museum Sinclair-Haus (mittwochs bei freiem Eintritt).

Bernd Havenstein / Foto: Winter/Hoerbelt, Der Laubbläser, 2024, Installationsansicht, © courtesy Galerie Scheffel, Bad Homburg, und Künstler, Archiv Galerie Scheffel
Öffnungszeiten: Mi.–Fr., 14 – 19 Uhr, Sa. 11–15 Uhr
Jakobshallen, Dorotheenstr. 5, Bad Homburg
Eintritt frei
www.galerie-scheffel.de

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