Eine Leiche im Keller – wer hätte die nicht – im mehr oder weniger übertragenem Sinn. Im Frankfurter Keller(!)theater wird sie nun Realität, allerdings erst im zweiten Teil der Komödie »Das Spinnennetz« von Agatha Christie. Die 1954 uraufgeführte Krimipersiflage gehört zu den wenigen ihrer Arbeiten, die für das Theater geschrieben wurden. Der mit 774 Aufführungen sehr erfolgreichen Aufführung von »Spider’s Web« im Londoner Savoy folgte die nicht minder gefragte Verfilmung. Von Beginn an, mit einem auf die weiße Leinwand projizierten expressionistisch gehaltenen Vorspann in Schwarz-Weiß, den der Hausherr Sir Rowland (Matthias Scherer) seinem Besucher Mr. Birch (Lars Heine) präsentiert, nimmt auch Vera Bernhardts Inszenierung mit dem Ensemble des Frankfurter Amateur-Theaters Bezug auf vergangene Zeiten. Dann hebt sich der Vorhang für eine ganz in Schwarz gehaltene Bühne mit – natürlich – vorzüglich weißgekleideten und -geschminkten Darsteller*innen. Rot nur der Mund, wenn er sich öffnet …
Doch langsam, eins nach dem andern: Die feine englische Tee-Gesellschaft, eingeladen zum Dinner ist vertreten, alle irgendwie miteinander verbandelt, vom Teenager (Zöpfe!) bis zur Oma (Krückstock). Das Landleben wird – scheinheilig? – gepriesen: eine weiße Rübe, Kaiserschmarrn und ein altmodisches Telefon tauchen auf. Und ein neues Paar ganz in Schwarz: Eine Anspielung auf die Vergangenheit der Gastgeberin durch einen vornehmen Besucher wird laut, von einem geheimnisvollen Brief ist die Rede als plötzlich, wie sich das im klassischen Krimi gehört, das Licht erlöscht und dann, als es wieder angeht, ein Toter auf dem Sofa liegt – die Leiche, ohne die kein klassischer Krimi auskommt – und die noch bevor die Kriminalpolizei (informiert von wem?) auftaucht und die Untersuchung beginnen kann, wieder weg ist, versteckt womöglich, nur von wem? Das bleibt, auch für das Publikum, im wahrhaft Dunkeln. Es weiß nur eines, dass es Oliver Costello (Martin Engelmann) ist bzw. war, der zuvor noch versucht hat, die Hausherrin Clarissa (Eleni Tonikidou) zu erpressen. Nur wie kam der dahin? Und warum? Und wie kriegte man ihn wieder weg?
Wunderbar komisch stehen die klassischen polizeilichen Verhöre an: Wer war wann wo wie mit wem und hat was gemacht? Alle kommen dran, auch die Bridge-Spielerinnen, ohne die es im englischen Krimi nicht geht, werden beweislastig erforscht. Der Inspektor (Albrecht Pockrandt) als einzige seriöse Figur, immer in erprobter Detektivhaltung mit der Hand auf dem Rücken, ist mit seiner roten Mütze ein Farbtupfer im expressionistischen Ambiente. Sein »Bobby« Jones (Martin Engelmann) berlinert und folgt nur mit Mühe, dafür aber wörtlich seinen Anweisungen – was ihn zum Publikumsliebling macht. Und dann gibt es da noch die Kammerzofe (sagt man das noch?) als im wörtlichen Sinn Running-gag Maisie, die Haushälterin (Anne Bachmann) mit dem Staubwedel, Mr. Birch (Lars Heine) im Rollstuhl, die Oma mit dem Krückstock (Stella Beck) und Enkelin Pippa (Charlotte Benedix). Wird der Fall geklärt? Das wird nicht verraten! Ein wunderbarer Krimispaß nicht nur für Agatha Christie-Fans!