»Der Geheime Roman des Monsieur Pick« von Rémi Bezançon

Auf einer Halbinsel in der Bretagne, buchstäblich am Rand der (französischen) Welt werden Manuskripte aufbewahrt, die von Verlegern abgelehnt worden sind. Im Lauf der Zeit ist so eine umfangreiche Bibliothek der enttäuschten Hoffnungen, der irrwitzigen Träume und abseitigen Texte mit den entsprechenden Titeln entstanden. Ein eleganter Film mit einem ebenso poetischen wie ironischen Blick auf die Literatur kann eigentlich nur aus Frankreich kommen.

Um dies noch zu betonen, hat der deutsche Verleih den entsprechenden Titel gewählt: Aus »Le mystère Henri Pick« wurde »Der geheime Roman des Monsieur Pick«, wobei weniger der Roman »Die letzten Stunden einer großen Liebe« als dessen Autor geheim oder besser: mysteriös ist.
Das glaubt zumindest der TV-bekannte Literaturkritiker Jean-Michele Rouche (Fabrice Luchini), trägt doch die Vorgeschichte selbst literarische Züge (dem Film liegt auch ein Roman zugrunde). Entdeckt hat das Manuskript in eben jener Bibliothek die junge Verlegerin Daphné Despero (Camille Cottin), die von ihrem Vater von deren Existenz erfahren hat. Daphné und ihr schriftstellernder Freund Fred Koskas (Bastien Bouillon) sind nicht gerade vom Erfolg verwöhnt. Freds letzter Roman ist im der literarischen Sendung des gefürchteten Kritikers Rouche aus Zeitgründen gar nicht mehr drangekommen.
Daphné braucht also einen Bestseller, und mit der Veröffentlichung des Manuskriptes von Henri Pick bekommt sie einen. Man interessiert sich für den Autor, doch der ist kürzlich verstorben, und die Witwe (Josiane Stoléru) ist überrascht, dass sie mit einem großen Romancier verheiratet war. Alle kennen Henri als einen zuverlässigen Pizzabäcker an jenem Ort, wo die abgewiesenen Werke ihre letzte Ruhe gefunden haben.
Während die märchenhafte Entstehungsgeschichte die Menschen nur noch neugieriger auf den Roman macht, wachsen bei Literaturpapst Rouche, dem großen Kämpfer für das gute Buch, die Zweifel über Monsieur Henris Autorenschaft. Er macht sich von Paris auf den Weg in die Bretagne und trifft mit dessen Tochter Joséphine Pick (Camille Cottin) auf eine zunächst skeptische, später immer interessierter werdende Gefährtin auf der Suche nach Beweisen für Vaters Autorenschaft oder, andererseits, einem verborgenen Autor. Es entwickelt sich eine komödiantische Art Film noir mit skurrilen Zeugen und Situationen.
Hauptdarstellerin Camille Cottin hat dazu erklärt, Kollege Fabrice Luchini habe ihr vor dem Dreh empfohlen, »Auf Liebe und Tod« von François Truffaut anzuschauen. »Die Ermittlung ist wichtig, aber wir werden versuchen, eine kleine Distanz beizubehalten, die es uns erlauben wird, uns zu amüsieren«, habe er gesagt.
Regisseur Rémi Bezançon, der bereits mit »Ein freudiges Ereignis«, der wunderbar einfühlsamen Schilderung einer Schwangerschaft, auf sich aufmerksam gemacht hat, folgt also mit seinem ironischen Blick auf den verrückten Literaturbetrieb großen Fußspuren. Wohl dem Land, das so eine Filmkultur aufweisen kann!

Claus Wecker
DER GEHEIME ROMAN DES MONSIEUR PICK (Le mystère Henri Pick)
von Rémi Bezançon, F/B 2019, 100 Min.
mit Fabrice Luchini, Camille Cottin, Alice Isaaz, Bastien Bouillon, Hanna Schygulla
nach dem Roman von David Foenkinos
Start: 26.12.2019

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