Die 23. Internationalen Schillertage ziehen vom 19. bis 29. Juni »über die Häuser« der Quadratestadt

Intrigen, Ränke, Doppelspiele: Wenn in diesen Tagen auf Wikipedia häufiger als sonst nachgefragt wird, was denn bitteschön unter Kabale zu verstehen sei, dann dürfte das den 23. Internationalen Schillertagen in Mannheim geschuldet sein. Gleich dreimal steht »Kabale und Liebe«, Friedrich Schillers Drama um die schöne Musikertochter Luise Miller auf dem Programm des renommierten Theaterfestivals. Das in der Quadratestadt entstandene und 1784 übrigens in Frankfurt uraufgeführte Werk eröffnet die Festspiele am 19. Juni. Zunächst im Theaterhaus G7 mittags (15 Uhr) in einer Version des indischen Theatermachers Lakshman KP, der unter dem Titel »Still I Choose to Love« Schillers beißende Kritik an der Gesellschaft auf das indische Kastensystem überträgt und aus der Perspektive dessen unterster Klasse, der Dalit, behandelt. Den Abend (18 Uhr) bestreitet das Nationaltheater selbst mit einer Eigenproduktion des Klassikers unter der Regie von Charlotte Sprenger im Alten Kino Franklin. Eine dritte Variante liefert das Deutsche Schauspielhaus Hamburg im mehrfach ausgezeichneten Radioshow-Format der aktuell auch am Schauspiel Frankfurt (»Die Frau vom Meer«) aktiven Regisseurin Barbara Bürk: »Kabale und Liebe, aber mit anderem Text und auch anderer Melodie« wird im OPAL im Luisenpark mit Stars wie Ute Hannig, Markus John und Michael Wittenborn gegeben.
Zweifach steht auch Schillers legendäres Skandalstück »Die Räuber« an, das bei der Premiere 1782 im Nationaltheater regelrechte Tumulte auslöste. Zum einen wird die ausschließlich mit Frauen besetzten Produktion »Die Räuberinnen« des Berliner Maxim Gorki Theaters im Alten Kino Franklin gezeigt, in den Käfertaler Wald dagegen laden die »Mannheimer Räuber*innen« des Mannheimer Stadtensembles. Schillers nicht minder populäres Drama »Maria Stuart« hat sich das Theater Dortmund unter der Regie von Jessica Weisskirchen mit der Überschreibung »Queens« vorgeknöpft.
Unter dem Motto »Wenn Menschen nur Menschen sind« zollen freilich alle Programme der elftägigem Festival-Biennale dem ersten Hausautor des Mannheimer Nationaltheaters Tribut. »Geld und Klasse« bringt den Regisseur Volker Lösch mit der Millionenerbin Marlene Engelhorn in einem »Theaterstück« im Alten Kino Franklin zusammen, der »Feigenbaum«-Filmemacher Mohammad Rasoulof verhandelt in »Destination: Origin« das Thema Exil, an das auch die israelische Regisseurin Ofira Henig in ihrem mit Geflüchteten erarbeitetem Stück »Terribly Human« anlehnt. In »Humans 2.0« fokussiert die australische Zirkuscompany Circa den menschlichen Körper und Stefan Kaegis Rimini Protokoll lädt das Publikum in »Société Anonyme« in die »unterbelichteten Bereiche des Zusammenlebens«, vom Beichtstuhl über die dunkelverglaste Manager-Limousine bis unter den Schleier des Hijab. Hinzu kommen Diskussionen, Lesungen, Konzerte, Partys und das abendlich Schill-out im Festivalzentrum Franklin Field.
OPAL, Altes Kino Franklin, Werkhaus, EinTanzHaus und, und, und: Sanierungsbedingt ziehen die Schillertage auch in diesem Jahr wieder mit ihren Gästen »über die Häuser«. Keine schlechte Art, Mannheim neu zu erfahren. Das Nationaltheater in der Goethestraße bleibt noch mindestens drei Jahre under construction. Spielstätten-Infos, Termine und Anfangszeiten finden sich auf der Homepage des Hauses.

Lorenz Gatt / »Queens«, © Birgit Hupfeld
www.nationaltheater-mannheim.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert