Die neuste Produktion von theaterperipherie

Also wie geht das jetzt, das mit den Vorbildern? Da gibt es eine Prinzessin und da gibt es eine Hexe, und es ist ja eigentlich ganz klar, wer da die Gute ist und wer die Böse, wer ein hübsches Kleid trägt und wer einen Besen hält, wem man nacheifern möchte und wem besser nicht. Auch als Ewgenija Weiß und Magdalini Savvidou von theaterperipherie mit den Darstellerinnen Rosanna Ruo und Deniz Özbay bei Kindergartenkindern nachgefragt hatten, war die Antwort klar: die meisten wollten Prinzessin und nicht Hexe sein.
Aber gibt es da nicht einen Raum hinter den Gewissheiten, den man füllen könnte? Das ist das Thema der neuesten Produktion »Prinzhexin«, für alle ab 5 Jahren, und darin geht es mächtig durcheinander. Denn die behütete Prinzessin findet absolut bewundernswert, was eine Hexe so alles kann, und so macht sie sich – neugierig wie es auch Prinzessinnen sein können – alleine auf den Weg in den Wald, um von der Hexe zu lernen. Die allerdings ist zunächst äußerst misstrauisch und möchte ihr Wissen eigentlich für sich behalten. Kräuter mischen, fliegen, zaubern, mit Salben heilen, das ist ihr Metier und nicht das einer Prinzessin, soll die doch im Schloss auf ihren Prinzen warten.
Dabei: ganz so einfach ist das ja nicht. Als Prinzessin beispielsweise trägt man Stöckelschuhe und muss immer saubere Kleider anhaben, lächeln ist ein absolutes Muss, wütend sein ein No-Go. Die Haare gekämmt, die Haltung tadellos. Jetzt mal ehrlich, was ist daran lustig und erstrebenswert? Das hat sich auch die kleine Prinzessin gedacht, die unbedingt zur Hexe werden will. Denn die ist mächtig, kann für sich selber sorgen, ist frei. Immer lieb sein ist ganz furchtbar ermüdend. Dann doch lieber Hexe.
Die Hexe allerdings findet das erst mal gar nicht gut. Sie ist nämlich ganz anders als man denkt, witzig, albern, gelöst, und nur wenn man sich ihr von außen nähert, nimmt sie sofort ihre Rolle ein. Böse, misstrauisch und voller Wut. Angst hat sie auch, denn wenn jemand von außen kommt, dann meist in böser Absicht, oder nicht. Verbrennen gar?
Man kann sich also vorstellen, dass die erste Begegnung nicht die glücklichste ist. Aber die Prinzessin gibt nicht nach. Sie will unbedingt zur Hexe werden, das ist ihre Reise in die Welt, das ist ihre Reise zu sich selbst, nämlich mehr zu sein als nur eine Rolle, hinter der sich viele Fallstricke verbergen, sich an Regeln zu halten z.B.
Und von dort an wird jongliert, mit Rollenbildern, Ausbrüchen aus den Mustern, mit unerwarteten Wendungen. Das Zweidimensionale, das den Rollen anhaftet, wird überführt in ein vielschichtiges Mädchen-Sein. Bewertet wird dabei nicht: Hexe ist cool, aber Prinzessinnen-Sein ist auch cool.
Das Team hat das Stück selbst geschrieben, die Szenen sind aus Improvisationen und Überschreibungen entstanden. Viel von dem, was die kleinen Proben-Zuschauer*innen als Input eingaben, ist eingeflossen. Und obwohl man annehmen könnte, dass kleinen Mädchen heutzutage viel mehr Optionen offen stünden als früher, ist das nicht der Fall, zieht das Team ein vorläufiges Fazit. Von den Erwachsenen, den Eltern, werden die Koordinaten gesetzt – und das relativ streng.
»Prinzhexin« jedenfalls will dem etwas entgegen setzen: »Hier entsteht eine weibliche Freundschaft. Und egal, ob Prinzessin oder Hexe, beide haben eine weibliche Stärke, die trotz aller Unterschiede zusammenführen kann.«

Susanne Asal / Foto: © Seweryn Zelazny

Termine: 5.–7.10., 10 Uhr; 02.10.,16 Uhr zu Gast beim internationalen Frauen*Theater-Festival; Winterspecial am 2.12., 10 und 15 Uhr, am 4.12. um 16 Uhr mit Tee und Keksen.
www.theaterperipherie.de

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