Die Volksbühne Frankfurt zeigt die Komödie »Reich und glücklich in zehn Tagen«

Der Titel des neuen Stücks der Volksbühne im Hirschgraben klingt wie vom Werbebanner der Homepage des »Goldenen Blatts« oder der »Brigitte« geklaut, liest sich auf einem Spielplan aber komisch: »Reich und glücklich in zehn Tagen«. Verfasst hat die »Erfolgskomödie« der Hausautor Rainer Dachselt ganz in der Manier, mit der er bisher die meisten seiner Arbeiten für das Quast-Theater, insbesondere Barock am Main. bestritt: als Überschreibung einer literarischen Vorlage. In diesem Falle des bei uns so gut wie unbekannten Lustspiels »La Chasse aux Corbeaux« (Rabenjagd) von Eugène Labiche aus dem Jahr 1853, zu dem selbst Google wortkarg wird. Dachselts Mundartbrillanz blitzt trotz seiner im Frankfurter Hier und Jetzt angesiedelten Fassung aber nur am Rande auf, dafür umso stärker die frappierende Virtuosität des Schreibers.
Reich und happy werden in zehn Tagen will, ja muss ein ziemlich erfolgloser Hochdeutsch-Poet, weil er anders die von ihrem Daddy unter Verschluss gehaltene Jessy nicht zu kriegen meint. Dieser nämlich will Zaster sehen bei seinem künftigen Schwiegersohn – und setzt dafür ihm und anderen die im Titel genannte Frist. Obwohl das gestrig bis vorvorgestrig klingt, kratzt es in keinster Weise an der Credibility einer Story, die damit beginnt, dass der von Jochen Döring grandios und mit Wolfram-Koch-, ach: Michael-Quast-mäßiger Präsenz gespielte Protagonist Florian Weyrauch sich in den reißenden Fluten des Mains ertränken will. Wegen Jessy auch, aber mehr noch eigentlich, weil sich kein Schwein für ihn und Gedichte à la Weyrauch interessiert, in denen das Herz noch zum Schmerz findet. In die Quere kommt dem Unglücklichen indes das »Brauchste was?« der ambulanten Kleindealerin Toni vom Schlage derer, die eher im Moseleck als an der Konsti ihre Runden drehen. Ulrike Kinbach (köstlich ellbögig) gibt dieses Frankfurter Schlippsche aus dem sozialen Basement, das Florian – machen wir‘s kurz – über die Fabel »Vom Raben und dem Fuchs« zur Erkenntnis bringt, dass der Weg zum Glück nur über die Schleimspur führt. Und auf dieser cruist der verkannte, aber doch zungengewandte Dichter in der Folge mit Toni zu halbseidenen Consultern, Bankern, Lebemännern, einer Modedesignerin und dem hippen Corporate-Management des millionenschweren Schrauben-StartUps »Screw-it« zum – freilich nur vorübergehenden – Erfolg. Liese Lyon, Sebastian Muskalla und Julius Ohlemann (große Klasse) teilen sich die Rollen in dem von Matthias Faltz inszenierten Spiel, das vor einem in anglophilen Szene- und Business-Jargons badendem Sprachwitz nachgerade overwhelming überschäumt.
Das aber genügt weder dem Regisseur und augenscheinlich auch nicht dem Autor, die den rund um drei Stellwände, auf die Faltz auch die wechselnden Locations projiziert, sich entrollenden Plot wie eine Fortsetzungsserie auf einem Social-Media-Kanal servieren, eingerahmt von Comments, Supports und Tipps der groß im Viererpack (Lyon/Muskalla/Ohlemann/Döring) aufleuchtenden Influencer-Gesichter, die uns Drinks und Snacks empfehlen, und Tipps zum weiteren Konsum des Stücks. Aufgetragen jedenfalls wird gnadenlos dick und zwar von allem. Wer die Volksbühne Frankfurt immer noch mit der Traditionsbrille besucht, wird hier im Schleudergang und gewiss für immer kuriert. Gut so. Wie die Geschichte ausgeht, ist nicht wirklich von Belang, die Schleimspur ist das Ziel.

Winnie Geipert / Foto: © Andreas Malkmus
Termin: 14. April, 17 Uhr
www.volksbuehne.net

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