Frankfurter Autoren Theater zeigt das Gewinnerstück »Im Norden von Bellikö«

Bellikö – wo soll das sein? Irgendwo und überall. Überall, wo Krieg ist, also aktuell an nicht gerade wenigen Orten auf der Welt. Draußen tobt der Krieg, der bellum, drinnen: zwei menschliche Körper, rechts und links an den Stubenwänden liegend. Ein Mann – eine Frau, die Gesichter abgewandt. Ein gespaltenes Ich? Links ein rotes Tuch – Blut? Und ein Fenster – der Weg nach draußen?
Bärbel Nisch hat mit ihrem Theaterstück »Im Norden von Bellikö« auf Anhieb den ersten Frankfurter Theaterpreis des AutorenTheaterMarktes 2023 gewonnen. Und jetzt ist es in der Brotfabrik in der Bachmannstraße zu sehen (s.o.)
Zwei Soldaten, zwei Menschen, die nicht mehr in den Krieg ziehen wollen? Die Felduniform – Tarnanzug – ist geteilt, sie trägt die Jacke, er die Hose. Keinen Befehlen mehr gehorchen? Aber was dann? Oder sehen wir ein Paar, das sich trennt? AnnaOku und beatnik (Adrian Scherschel, beide auch Regie) geben diesem Paar ihre Stimmen. Sie beschwören die Schrecken des Krieges, die Verlorenheit und Ohnmacht des Einzelnen, vor allem als Soldat, der sein Menschsein nicht verlieren will, und der deshalb versucht, sich zu wehren. Oder sehen wir hier – in den noch getrennten Personen – die zwei Seiten eines einzigen Ichs, das sich erst (zusammen)finden muss? Aus dem Off dominiert die Kriegsberichterstattung (Stimme: Michaela Conrad). Die zunächst nur wie Tiere Kriechenden finden langsam zueinander, wechseln die Positionen, suchen ihre Menschlichkeit und den aufrechten Gang (!) zurückzugewinnen, wenigstens in Worten, denen genau zugehört werden sollte, und am Ende auch in der Körperhaltung.
Wunderbare südamerikanische Musik von Emilio Santiago, hier eingesetzt und arrangiert von Stephan Reinbacher, begleitet den gemeinsamen Prozess eines Sich-zurück-Findens, der schließlich, stehend in der Mitte der Bühne, auch gelingt. Fast eine Stunde lang zieht diese hoch aktuelle Auseinandersetzung das Publikum in seinen Bann. Sollte niemand verpassen.

Katrin Swoboda / Foto: FAT
Termine: 13., 26., 27. Januar, jeweils 20 Uhr
www.fat-web.de

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