Merkwürdig ist das schon. An eine Inszenierung von Ingeborg Bachmanns großer Erzählung »Das dreißigste Jahr« hat sich bisher noch keine deutsche Bühne so recht getraut. Dabei gilt sie als eine der wichtigsten Schriften der deutschen Literatur nach 1945. Das ist aber nicht der Grund für das Freie Schauspiel Frankfurt und Regisseur Reinhard Hinzpeter gewesen, den anspruchsvollen, doch lang nicht so rätselhaften Text, wie es der oft und zuletzt auch in Frankfurt gespielte, ja gar verfilmte Malina-Roman der Autorin ist, auf den Spielplan zu nehmen.
Geschrieben hat ihn die 1973 in Rom gestorbene Österreicherin als sie selbst 35 war und ihre fünfjährige Beziehung zu Max Frisch gerade beendet hatte. Dass es ein Mann, ein Er ist, den Bachmann auf seinem keineswegs linearen Weg über ein ganzes Jahr hin zum runden Geburtstag begleitet, hält der FSE-Regisseur für nicht sehr relevant.
Es sei der existenzielle Schock über das Ende des Jung-seins mit all seinen Konnotationen, den der namenlos Bleibende eines Morgens mit 29 erfährt und dem er in der Konfrontation mit der Welt und sich selbst zu begegnen sucht. Fragen wie Wer bin ich? Was will ich? Was macht mich aus? stellen sich ihm. Ein Kampf, der ihn, so Hinzpeter, immer wieder an die Grenzen seiner Existenz führe, »und manchmal darüber hinaus«.
Dargestellt und ausgefochten wird dieser Kampf im Titania von einem Mann und einer Frau. den Ensemble-Mitgliedern Bettina Kaminski und Ives Pancera. Eine Setzung, die unterstreicht, dass Bachmann in ihrer Schrift immer auch ihre eigene Befindlichkeit reflektiert. Das auf einen Steg zwischen zwei Sitztribünen platzierte Spiel wird mit nur wenigen Strichen den kompletten Text behandeln und auf Fremdtexte verzichten. Gibt es Musik? Nein. Wie sind die Kostüme? Wie aus der Schneiderprobe – noch nicht ganz das, was sie werden sollen. Auch das eine Botschaft.