»Fritz Litzmann, mein Vater und ich« von Aljoscha Pause

Regisseur Aljoscha Pause, bekannt durch seine einfühlsamen Sportdokumentationen wie »Being Mario Götze«, begibt sich in »Fritz Litzmann, mein Vater und ich« auf eine sehr persönliche Spurensuche: Er erzählt von seinem Vater Rainer Pause, der 1987 das legendäre Bonner Kabaretttheater »Pantheon« gründete und noch heute als seine Bühnenfigur Fritz Litzmann auftritt – und von ihrer komplizierten Vater-Sohn-Beziehung. Pause hinterfragt, wie der radikale Lebensentwurf des Künstlers das Leben des Sohnes beeinflusste.

Der Dokumentarfilm ist mehr als ein reines Porträt. Er nimmt das Publikum mit auf eine facettenreiche Reflexion über Kunst, Familie und gesellschaftlichen Wandel – und auf eine Zeitreise in die Welt des Kabaretts. Gleichzeitig lässt sich das Filmprojekt wohl als eine Art späte filmische Therapie begreifen, in der sich Vater und Sohn über die gemeinsame Aufarbeitung ein Stück weit mit ihrer gemeinsamen Geschichte aussöhnen und zu einer neuen Verbundenheit finden.
Archivaufnahmen und Interviews rekapitulieren Rainer Pauses Leben: 1972 überraschend Vater geworden, rückte er als alleinerziehender Vater vor allem sein Kabarettengagement in den Mittelpunkt. Stilistisch verknüpft Aljoscha Pause die Biografie mit Rückblenden in die Bonner Republik der 1970er und 80er Jahre und mit einem spannenden Einblick in die Geschichte des deutschen politischen Kabaretts.
Gleichzeitig erzählt Aljoscha Pause offen von seiner unstrukturierten Kindheit, seiner rebellischen Jugend und seinem Weg zum unabhängigen Filmemacher.
Pauses Herangehen ist dramaturgisch sorgfältig komponiert: Die Montage webt verschiedene Erzählstränge zu einem harmonischen Ganzen, in dem sich persönliche Erinnerungen und historische Einblicke abwechseln. Assoziative Animationssequenzen (von Alireza Darvish), die an Filme wie »Waltz with Bashir« erinnern, illustrieren Gedanken und Erinnerungen, Archivbilder geben dem Rückblick ein authentisches Gefühl.
Der Film ist zudem gespickt mit Kommentaren und Anekdoten zahlreicher Weggefährten und Kabarettgrößen, die alle die Bedeutung des Pantheons und seines Machers Rainer Pause, auch für den eigenen Lebensweg, reflektieren: Carolin Kebekus, Oliver Masucci, Michael Mittermeier, Bastian Pastewka, Gerhard Polt, Helge Schneider, um nur einige zu nennen. Auch die Frankfurter Kabarettistin Hendrike von Sydow, die zusammen mit ihrem Partner Dieter Thomas und – in den Anfangszeiten auch Matthias Beltz – das Frankfurter Fronttheater gründete, das scharfzüngig gesellschaftspolitische Themen karikierte, war gern gesehener Gast im Pantheon. Sie stellt sich, wie auch die anderen, die Frage, wie viel Kompromisslosigkeit der künstlerische Erfolg fordert.
»Fritz Litzmann, mein Vater und ich« ist ein warmherziger, kluger Dokumentarfilm, der persönliche Familiengeschichte, Kabarettchronik und Zeitgeschichte kurzweilig miteinander verknüpft. Was den Film aber vor allem berührend macht, ist die entwaffnende – und bisweilen schwer auszuhaltende – Ehrlichkeit, mit der sich Rainer Pause der späten Konfrontation mit seinem Sohn stellt. Der Film verhandelt damit, fast beiläufig und doch eindringlich, eine einfache, fundamentale Wahrheit: Wie prägend und zugleich fragil die Bindung zwischen Eltern und Kindern ist – und wie sehr sich ihre Qualität auf das ganze Leben auswirken kann. Eine solche (filmische) Aufarbeitung würde wohl vielen Eltern-Kind-Beziehungen guttun – als Einladung zum Dialog, zum Verstehen und vielleicht sogar zur Versöhnung.

>>> TRAILER
Fritz Litzmann, mein Vater und ich
von Aljoscha Pause, D 2025, 144 Min.
Dokumentarfilm
Start: 29.05.2025

 

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