Es ist tatsächlich vom Dach bis zum Keller alles, alles, alles ausgeräumt und weggeschafft worden, was ausräum- und wegschaffbar war im Frankfurter Tempel der Komischen Kunst: um Platz zu haben für »Ach, was«, die größte Schau, die es jemals gegeben hat für Loriot und wahrscheinlich auch im Caricatura.
So verrückt wie wundersam ist dabei, dass das Museum mit einer kleinen Ausnahme das einzige Haus seiner Art im ganzen Lande ist, das den 100sten Geburtstag des deutschen Humor-Großmeisters Vicco von Bülow würdig begeht. Das allein ist einen Tusch und ein »Hoch soll er leben« für einen zweiten verdienten Mann der deutschen Komik wert. Achim Frenz nämlich, dem Chef, Leiter, Hausmeister im von ihm immer wieder nachdrücklich so benannten »schönsten Museum der Welt«, der das Projekt seit etwa vier Jahren mit seinem Team intensiv verfolgt und damit im von-Bülow’schen Anwesen auf offene Ohren und Gegenliebe stießen. Der tiefe Grund? Die freundschaftlichen Beziehungen Loriots zu den Heroen der Neuen Frankfurter Schule, respektive der Zeitschriften »Pardon!« (deren ersten Titel er schuf) und »Titanic«. Für Frenz wird »Ach was. Loriot zum Hundertsten« die letzte Ausstellung einer weit über die nunmehr 14-jährige Existenz des von ihm erkämpften Museums gehende Dienstzeit sein – und damit auch sein letzter Beitrag zur Weltherrschaft der komischen Kunst, die er forthin privatim abwarten wolle, wie er anlässlich der Pressekonferenz zum Großevent betonte.
Auch wenn es nur ein kleiner Teil des gewaltigen Oeuvres des Multimedia-Künstlers Loriot sein kann, der am Frankfurter Weckmarkt auf drei Hochstockwerken zu sehen ist, so enthält er doch den ganzen Loriot mit Werken aus allen Schaffensperioden. Darunter sind viele noch gänzlich ungesehene Arbeiten von seinen Anfängen als Werbegrafiker bis zum Spätwerk, inklusive einer Reihe von Porträts russischer Menschen, die er als Soldat fertigte. Alldieweil sich die Medien schon derart ausgiebig über das Reich der Möpse und Müller-Lüdenscheids ausließen, wollen wir es bei einer zwar schlichten, doch beredten Aufzählung belassen, die vor allem eine klar macht: Es braucht weit mehr als einen Besuch, sich den kompletten Parcours geistig einzuverleiben. Nicht eingerechnet die abendfüllenden Spielfilme, die das Deutsche Filmmuseum eigens für die Loriot-Fans auflegt.
In 13 mit den Einzelzeilen des Jodeldiplom-Textes betitelten Abteilungen sind nicht weniger als 705 Objekte zu sehen, davon 285 Zeichnungen auf Papier, 195 Fotos, 76 Drucke, 50 Trickfilm-Farbenzeichnungen, 14 Collagen, 12 Illustrierte, 11 Lumi-Figuren, 8 Skulpturen, 6 Filmpreise, 4 Schallplatten, 4 Bühnenentwürfe für die Oper, 3 Notenhefte, 3 Manuskripte, 3 Drehbücher, 3 Hörstationen, 2 von Loriot selbst besungene Tonbänder, 2 Plüschtiere, 2 Filmklappen, 1 Brille mit Etui, 1 Set Bettwäsche, 1 Gemälde, 1 Drehplan, 1 Szenenplan, 1 DVD-Box, 1 Sofa, 1 Set Atomkraftwerk mit Bauplänen, 1 Steinlaus mit entsprechender Nahrung, 1 Brille mit Etui, 1 Szenenplan und schließlich ganz oben unter »Du Dödl Di« 1 Kino, in dem ein etwa 40 Minuten dauernder Film Ausschnitte einige seiner Sketche, aber auch TV-Beiträge zeigt. Einer ganz besonderen Erwähnung wert ist neben den Zeichnungen, die für den Meister anlässlich seines 60sten gefertigt wurden, noch die große Geburtstagsaktion zum Hundertsten: »Ach was. Die Ente bleibt draußen«. Sie ruft alle Loriot-Fans deutschlandweit dazu auf, am 12. November die eigene(n) Badeenten vor das Fenster zu stellen. Vielleicht wird das ja der künftige Badeententag.