Im Kloster ist der Teufel los

Junges Staatstheater Wiesbaden: »Sister Act« von Alan Menken

Dan Goggins amüsantes Krimi-Comedy-Musical »Non(n)sense« gehört seit einem Dutzend Jahren schon zum Repertoire des Jungen Staatsmusicals Wiesbaden. Warum es also mal nicht mit dem als Film (mit Whoopi Goldberg, 1992) sowie am Broadway (2006) erfolgreichen Nonnen-Spaß »Sister Act«, der auch im Frankfurter English Theatre seit letzten Herbst das Publikum verzückt, versuchen? Zumal man diesmal nicht nur ein Nonnen-Ensemble braucht, sondern auch den männlichen Musical-Nachwuchs auf die Bühne der Staatstheater-Filiale Wartburg schicken kann.
Und dort tummeln sich nun sieben weibliche und acht männliche, äußerst spielfreudige Protagonisten um den »Feger« der Show: Louisa Heiser. Die 27-jährige Musical-Darstellerin tritt mittlerweile schon an großen Häusern wie Bremerhaven und Regensburg auf, ist wieder mal zu ihren »musicalischen« Wurzeln zurückgekehrt und in die Rolle der Nachtclubsängerin Deloris Van Cartier geschlüpft, die sie mit einer unglaublichen Energie ausfüllt (»Zeig mir den Himmel«).
Als Deloris Zeugin eines Mordes wird, den ihr verheirateter Lover Curtis Jackson begeht, versteckt sie Lieutenant Fritzinger, ein ehemals in sie verliebter Schulkamerad, in einem Nonnenkloster. Unter dem Decknamen Schwester Mary Clarence übernimmt sie nach einigen Anlaufschwierigkeiten auf »Befehl« der Mutter Oberin den desolaten Chor — und schon ist die Kirche wieder voll. Selbst der auf US-Visite weilende Papst hat seinen Besuch angekündigt. Aber auch Jackson hat durch ihren Erfolg Wind von ihrem Versteck bekommen. So beginnt eine wilde Verfolgungsjagd, in der Polizei, Gangster und Nonnen kräftig mitmischen und die happyendlich in einem Finale endet, bei dem auch der Papst mitswingt …
»Sister Act« (2006) ist neben »Der kleine Horrorladen« (1982) und »Newies« (2011) eines von drei Broadway-Musicals von Disney-Hauskomponist Alan Menken, das nicht auf einem Zeichentrickfilm seines Hauptarbeitgebers beruht. Vielleicht klingen deshalb ihre Scores auch nicht so uniform, verraten noch eine gewisse Eigenständigkeit des Komponisten, der z.B. bei »Sister Act« keinen einzigen Song aus der Filmvorlage übernommen hat. So muss der Fan des Films sich auf einen ganz neuen Sound einstellen – und wird von den eingängigen Melodien auch nicht enttäuscht. Was vor allem an den Gesangskünsten des Ensembles liegt, das Regisseurin und Choreographin Iris Limbarth zu einer beeindruckenden Einheit verschmolzen hat. Dass die Mädels dabei den guten Ton angeben, liegt vor allem am Nachwuchsmangel männlicher Protagonisten, obwohl gerade die drei Jüngsten, die 14–16 Jahre alten Serafin Kopp, Cecinho Feiertag und Jan Volpert, als Gangstertrio schon viel Talent erkennen lassen. Vielleicht auch, weil Staatsmusical-Urgestein Tim Speckardt (als Curtis Jackson) mit seiner Erfahrung und Professionalität seine Gangstergang zusammenhält. Bei den Frauen scheint sich, nach dem altersbedingten Ausscheiden der großen »alten Dame« des Ensembles, Felicitas Geipel, die eine wunderbar verhuschte Schwester Mary Robert abgebende Denia Gilberg zu mausern. Und Anna Okunowski überzeugt vor allem schauspielerisch als strenge Oberin. Dass Maximilian Schneider seinem Monsignore O’Hara eine Prise »Wölki« einhaucht, ist genauso amüsant wie Leonard Linzers linkischer Polizist Fritzinger, der seit Schulzeiten unter seinem Spitznamen »Schwitzefritze« leidet. Man möchte bei dieser Show am liebsten mit auf die Bühne, und das ist der schmissigen Choreografie von Iris Limbarths geschuldet, die einen fast in Versuchung führen, ins (Theater-)Kloster einzutreten.

Rolf-Ruediger Hamacher / Foto: Christine Tritschler
Termine: 9. April, 19.30 Uhr; 10. April, 18 Uhr
www. staatstheater-wiesbaden.de

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