ITF: Shakespeare Frankfurt aktualisiert »Julius Caesar«

Ein despotischer Herrscher als Titelfigur: William Shakespeares Römerdrama »Julius Caesar«, 1599 uraufgeführt, scheint gegenwärtig als passendes »Stück zur Zeit« ein dankbares Angebot fürs Theater zu sein. Die englischsprachige Theatercompagnie »Shakespeare Frankfurt«, die das um einen Tyrannenmord kreisende Werk jetzt am Internationalen Theater Frankfurt (ITF) zur Premiere gebracht hat, wirbt dafür mit dem griffigen Slogan: »Ein politisches Attentat, das die Welt veränderte«. Die Inszenierung von Varvara Pomoni und Michael Kinzer beginnt mit einer Wutrede von Kinzer in der Rolle des Brutus im Foyer, an deren Ende er ein gerade von einer jungen Frau angebrachtes Wahlplakat für Julius Caesar von der Tür zum Theatersaal abreißt. Im Saal selbst an den Säulen weitere Plakate mit Caesars Konterfei. Unheilschwanger düstere Ambientklänge wabern aus den Lautsprecherboxen. Ein hollywood-großproduktions-kitschiger dramatischer Soundtrack – ohne Surround-Effekt freilich – wird den Theaterabend über die nächsten gut zwei Stunden hinweg begleiten.
Eine leere schwarze Bühne mit nichts als einem Halbrund aus höhengestaffelten Podien gibt ein theaterästhetisch neomodernes Setting ab. Nach seinem Obsiegen im Bürgerkrieg zieht Julius Caesar – PJ Escobio – unter Jubelchören aus dem Off mit seinem Gefolge triumphal durch den Zuschauerraum ein; er lässt sich feiern und schüttelt Hände. Die Männer – mitsamt Antonia Görge, die den Cassius spielt – tragen Anzüge, die Frauen elegante Kleider nach Art der besseren Gesellschaft unserer Tage.
Immer wieder treiben eingeblendete Meldungen aus Nachrichtensendungen die Handlung voran – ein beliebtes Theatermittel seit Jahrzehnten zwecks Vergegenwärtigung unserer Gesellschaft als einer mediatisierten. Und, na klar doch, das muss wohl sein, es wird mit dem Handy kommuniziert. Fortwährend – wie in unserem richtigen Leben halt. Das wirkt abgebraucht. Einfach die heutige Kleidung und nicht mehr, das hätte es auch getan zwecks inszenatorischer Manifestation von Aktualität.
Das Ensemble hat sich ein »text-based storytelling« zum Programm gemacht, was zunächst einmal einfach Sprechtheater bedeutet, unterschwellig zugleich aber auch einen Anspruch von »Werktreue« suggeriert. Aus dem im Kern puristisch-modernistischen Regieansatz – nichts als die Schauspieler*innen im leeren Raum – ließe sich auch heute noch was schlagen – passiert auch an den Stadttheatern oft genug, und es kommen in den besten Fällen erstklassige Theatermomente dabei raus. Hier allerdings geschieht zumeist das naheliegendste: arg holzschnittartig sind Mimik und Gestik und Stellungsdramaturgie.
Das achtköpfige Ensemble von Shakespeare Frankfurt kriegt auf diese Weise das Stück über die Rampe – ohne jeden Glanz. Das ist, bei allem rührigen Engagement, Amateurtheater. Stehender Applaus bei der Premiere.

Stefan Michalzik / Foto: © Stephan Junek
Termine: 2., 3., 9., 10. März, jeweils 20 Uhr; 30. März: Matinee, 10 Uhr
www.internationales-theater.de

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