Kellertheater lädt Paare und solche, die es werden wollen, zur »Wunderübung« von Daniel Glatthauer

Möglicherweise ist den Menschen im Publikum, Männlein und Weiblein mittleren Alters, auch zwei Hunde sind dabei, die Situation, Gesprächstherapie für Paare, nicht ganz unbekannt. Aus deren Mitte heraus strebt jedenfalls ein Mann, Valentin Dorek, im schwarzen, weiten Plüschpelzmantel auf die Bühne, einem therapeutisch eingerichtetem Sprechzimmer: weiße Stühle, Garderobenständer, zwei farbenfrohe abstrakte Gemälde an der Rückwand. Ehefrau Joana Dorek – in enger brauner Lederhose und locker übergestreiftem weißen Hemd – und die Therapeutin warten da schon. Ganz professionell eröffnet letztere dann die Sitzung, das Vorgehen und mögliche Ergebnisse (bessere Verständigung, harmonischeres Zusammenleben oder gar Trennung) erläuternd. Ein bisschen unbeholfen wirkt sie, im unmodisch zu langem schwarz-weißen Kleid, einwärts verschränkten Beinen und dem Bemühen, nicht die Kontrolle zu verlieren. Jasmin Hörnig macht das großartig, die Balance zwischen Professionalität und persönlicher Betroffenheit deutlich hervorhebend.
Auch hier scheint den Zuschauern (f+m) das Vorgehen nicht ganz unbekannt zu sein, wie die amüsierten Reaktionen auf die therapeutischen Maßnahmen zeigen: konfrontierendes Gegenüber-Sitzen , das Spiel mit der zu öffnenden Faust, die für das verschlossene Herz steht – was aber nicht gelingt, sondern in Kampf ausartet – die Vorwürfe, »Brischitt« betreffend, der Streit um die »Unter-Wasser-Beziehung« als Beziehungsanfang vor 17 (!) Jahren, Rollentausch (Joana: »Mein Mann denkt …« und umgekehrt) und dann, vor Einsetzen der eigentlichen Therapie – die verhängnisvolle Pause – für alle.
Dann: Wendepunkt: Telefon und SMS, am Boden zerstörte Therapeutin, mehr wird jetzt hier nicht verraten. Nur so viel: nicht immer sind Männer im Spiel … Wir erfahren, dass sie Marlene (»Lene«) heißt – und nun werden die Rollen gänzlich getauscht. Das Ehepaar Dorek (überzeugend: Sabine Kube-Knauber, Martin Sonnabend), Kinder aus dem Haus, aber mit Hund, versucht jetzt eine »Paartherapie« im doppelten Sinn anzuwenden, erneut kommen die Hände als »Handelnde«, auch kämpfend, ins Spiel – die Wunderübungen. Was sie, die sparsam eingesetzte Musik, und auch das blaue Licht bewirken (Fachausdruck: paradoxe Intervention) entlässt uns freudig und voller Hoffnung auf eine geglückte Beziehung: eine sehr überzeugende Ensemblearbeit – bis April 24 noch auf dem Spielplan des Frankfurter Kellertheaters.
Überzeugt amüsiert!

Katrin Swoboda/ Foto: © Anja Kuehn
Termine: 1., 2. Dezember, jeweils 20.30 Uhr
www.kellertheater-frankfurt.de

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